Natürlich kam es wieder anders als diese Kolumne und andere sogenannte Experten prognostiziert haben: Golden Horn triumphierte im Prix de l’Arc de Triomphe. Nicht die großartige Treve, die damit den Hattrick und damit den Rekord in diesem Mega-Rennen verpasst. Und auch nicht New Bay, die leise Hoffnung des Kolumnisten. Am Ende lieferten Golden Horn und Jockey Frankie Dettori eine famose Vorstellung ab. Nichts war zu spüren von Unreife und einer kräftezehrenden Saison.
Niemand feiert und genießt Triumphe so schön wie Frankie Dettori. Und am gestrigen Sonntagnachmittag nach seinem Arc-Sieg, da war der in Italien geborene Top-Jockey in seinem Element. Er strahlte, die Leute jubelten, der berühmte „Dettori-Jump“ nach einem großen Erfolg fiel noch spektakulärer aus.
Anderen Jockeys wie etwa Ryan Moore sind solche Szenen fast schon peinlich, doch Dettori ist bei den Feierlichkeiten in seinem Element. Er herzt jeden, innige Umarmungen, permanentes Winken ins jubelnde Publikum - selbst nach über 25 Jahren Routine freut sich der Jockey immer noch überschwänglich. Viele Besucher lieben ihn für diese fast kindliche Freude.
Der Arc-Sieg war für den Jockey die Krönung eines außergewöhnlich erfolgreichen Jahres. Es war ein Wahnsinns-Comeback. Denn vor drei Jahren schien die Karriere des Frankie Dettori schon fast am Ende: das Ende der über 20jährigen Zusammenarbeit mit Godolphin, es folgte ein positiver Test auf Kokain. Nach einer halbjährigen Sperre kehrte Dettori 2013 als „alternder Freelancer“ (
Guardian) ins harte Jockey-Geschäft zurück.
2015 sind die Schatten der Vergangenheit längst weg. Dettori siegte auf höchster Ebene im englischen Derby, Eclipse Stakes, French Oaks und in den Irish Champion Stakes. Und jetzt eben im Arc – und vier Mal war
Golden Horn, trainiert von seinem alten Mentor John Gosden, der Partner.
Es war eine tolle Leistung von Pferd und Reiter. „Die Startbox außen war ein kleines Fragezeichen, aber ich vergaß, wie brillant unser Jockey ist“,
erklärte ein glücklicher Besitzer Anthony Oppenheimer nach dem Rennen. In der Tat – Dettori beordnete seinen Partner nach außen, ließ den etwas schwierigen Hengst in Ruhe auf die Beine kommen und positionierte ihn dann quasi hinter den Tempomacher
Shahah. Und servierte dem Schützling von Trainer John Gosden damit das perfekte Rennen.
Danke Treve
Als sich Golden Horn vorne überlegen vom Feld löste, war das Rennen quasi entschieden. Der Hengst demonstrierte eindrucksvoll seine ganze Klasse, die ihn zum besten englischen Pferd über Mitteldistanzen gemacht hatte.
Gegen diese Power hatte kein Gegner keine Chance. Nicht
Flintshire und
New Bay, die beiden Pferde von Besitzer Khaled Abdullah und Trainer Andre Fabre. Beide Kandidaten boten eine starke Leistung: Flintshire wiederholte seinen zweiten Platz aus dem Vorjahr und zeigte, dass er ein Pferd herausragender Klasse ist. Und New Bay bestätigte die Hymnen seines Trainers, der den Hengst vorher in den höchsten Tönen gelobt hatte.
Und
Treve? Es sollte nicht sein, Geschichte wurde an diesem Tag nicht geschrieben. Platz 4 wurde es am Ende, es war der letzte
Rennbahn-Auftritt einer Weltklasse-Stute. Treve lief ein ordentliches Rennen, wirkte aber zeitweise etwas heftig. Diese Kraft fehlte letztendlich, so blieb es ein Auftritt ohne die Genialität ihrer letzten Arc-Erfolge.
Manche kritisierten nach dem Rennen Jockey Thierry Jarnet, dass er Treve zu spät eingesetzt hätte. Ich teile diese Kritik nicht, denn eigentlich ritt Jarnet die Stute wie immer und setzte auf ihre überragende Fähigkeit zum Beschleunigen. Doch diesmal ging die Rechnung nicht auf: Treve war nicht in der Verfassung ihrer Glanzzeit und Golden Horn an diesem Tag einfach viel zu gut.