Donnerstag, 26. September 2013
Die Netten aus dem Breisgau
Wenn es einen „familien-freundlichen“ Gegner von Borussia Dortmund gibt, dann ist das der SC Freiburg. Zum einen unterstützt die Hardcore-Fangemeinde nur ihren Klub und ist nicht auf Krawall gebürstet, zudem kommen viele Freiburger Fans nach Dortmund, die nicht bei jedem Auswärtsspiel dabei sind und sich den Besuch des Westfalenstadions quasi als jährlichen Höhepunkt des Fanlebens gönnen. Das sorgt für eine entspannte Atmosphäre, zumal die Freiburger auch von Dortmunder Seite viele Sympathien erhalten.
Sportlich ist das Duell jedoch eine eindeutige Sache: Nur einmal konnte der SC in 15 Versuchen in Dortmund gewinnen. Das ist auch schon wieder 15 Jahren her. Aber es war auch oft ein Match zwischen „Goliath“ Dortmund und „David“ Freiburg.
Dabei imponierten die Gäste häufig durch hervorragenden Fußball. In der letzten Saison dominierte der kleine SC bis zur 41. Minute in Dortmund, wirkte ballsicher und taktisch ungemein reif. Doch dann drehte der BVB innerhalb von vier Minuten mit drei Toren die Begegnung; am Ende verlor Freiburg mit 1:5.

Aktuelle Lage
Dennoch war es eine grandiose Spielzeit 2012/2013 für den SC Freiburg. Die großartigen 40 Minuten in Dortmund waren kein Einzelfall. Am Ende schaffte der SC Platz 5 und den Sprung in die Europa League, dazu schied der Klub erst im Halbfinale des DFB-Pokals aus.
Nur leider wurden so die Spieler auch interessant für die finanzkräftigeren Kontrahenten – und Geld hat in der Bundesliga fast jeder mehr als die Freiburger, die einen der kleinsten Etats der Liga haben. Die Leistungsträger Caligiuri, Flum, Kruse, Makiadi und Rosenthal verließen den Verein.
Die Neuen sind bis auf Mike Hanke in der Bundesliga kaum bekannt; es sind häufig junge Spielern aus der Reserve großer Klubs wie Coquelin (Arsenal) oder Mehmedi (Dynamo Kiew). Das heißt mal wieder Neuaufbau für Trainer Christian Streich. Die Situation ist nicht einfach – entsprechend holprig war auch der Start. Drei Unentschieden sind die Ausbeute. Dabei zeigte der SC durchaus gute Ansätze und trotzte immerhin dem FC Bayern ein Unentschieden ab. Aber dennoch muss noch vieles zusammenwachsen. „Ich weiß nicht, ob es funktioniert und wir alles gleich hinkriegen. Schließlich geht es nicht nur um ein oder zwei Abgänge“, sagte Christian Streich schon vor der Saison im kicker-Sonderheft.

Historie
Die wunderschöne Stadt Freiburg zählte nie zu den Fußball-Hochburgen. Früher war der Lokalrivale FC die Nummer Eins in der Stadt, den Sprung in die Bundesliga schaffte er aber nie. 1978 stieg der SC in die Zweite Liga auf und während der FC in die sportliche Bedeutungslosigkeit fiel, hielt sich der SC in Deutschlands zweiter Spielklasse, ohne dass er groß sportlich auftrumpfte. Das alles änderte sich, als 1991 mit Volker Finke ein junger Trainer aus Hannover die Bühne betrat.
Schon im ersten Finke-Jahr imponierte das Team; 1993 folgte der Aufstieg in die Bundesliga. Mit einer unglaublichen Serie von drei Erfolgen zum Schluss rettete sich der SC in letzter Minute. Schnell erwarb sich der Klub eine Menge Sympathien, weil er Fußball „spielte“ und sich die Punkte nicht durch destruktives Spiel ermauerte.
Zudem gab es in der Mannschaft ein paar Spieler, die unfallfrei ein paar kluge Sätze zusammenbekamen und auch noch studierten. Schnell machte der Spruch von der intellektuellen Alternativ-Truppe die Runde, zumal ihr Trainer auch noch ein ehemaliger Lehrer war, der seine Zigaretten selber drehte.



Einer der größten Siege des SC Freiburg: Mit 3:1 besiegten sie in der Spielzeit 1993/1994 den FC Bayern München. Das Spiel seines Lebens machte Stürmer Uwe Wassmer, der alle drei Tore erzielte.

Volker Finke und der SC Freiburg sind ein weiteres Beispiel, was mit persönlicher Kontinuität zu schaffen ist. Der Coach hatte das sportliche Sagen, sein Präsident, der 2009 verstorbene Achim Stocker, hielt sich wohltuend bescheiden aus der Öffentlichkeit heraus. Finke dankte dieses Vertrauen, in dem er den Verein mit geringen finanziellen Mitteln sportlich in Deutschlands Elite etablierte.
Der SC war immer ein Verkaufsklub ist, dessen beste Akteure zu finanzstärkeren Kontrahenten wechselten. Dennoch änderten selbst Abstiege aus der ersten Liga das Freiburger Konzept nicht. Volker Finke blieb sportlich verantwortlich; insgesamt 16 Jahre hatte der Niedersachse das sportliche Sagen. Zweimal schaffte Freiburg in der Ära den Sprung ins internationale Geschäft, zudem waren sie einer der ersten Klubs in Deutschland, die in eine eigene Nachwuchsschule investierten.
Auch danach setzte der Klub seine Philosophie fort. Robin Dutt blieb vier Jahre sportlich verantwortlich. Nur bei seinem Nachfolger Markus Sorg zog der SC die sportliche Notbremse und entließ diesen, als die Mannschaft im Winter 2011 auf Platz 18 in der ersten Liga stand. Christian Streich, sein Nachfolger, kannte den Verein als Jugendtrainer natürlich gut. Er schaffte die Wende, baute zudem immer wieder junge Talente in das Team ein. Und im letzten Jahr spielte Freiburg bekanntlich eine grandiose Saison.
Streich traf offenbar den richtigen Ton; sein Team präsentierte sich als taktisch und technisch hervorragende Einheit. Das Einzige, was nervt, ist das Alternativ-Image, das manche Medien dem uneitlen Streich anheften. Nur weil jemand die rund 900 Meter (nach Angaben des kicker) vom Wohnort zum Arbeitsplatz nicht mit dem dicken Auto, sondern dem Fahrrad fährt.

Die Bilanz Borussia Dortmund – SC Freiburg
Fokus Fußball
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