Bei den Buchmachern wie bwin fussball ist die Sache eindeutig: Bayern München ist klarer Favorit im deutsch-deutschen Champions League-Finale gegen Borussia Dortmund. Für einen Erfolg der Bayern gibt es für 1 Euro Einsatz gerade mal 1,67; bei einem Erfolg der Borussia sind es immerhin 4,33 Euro. Bei den anderen Buchmachern sieht es ähnlich aus.
Selten hat ein Fußballspiel die Deutschen so beschäftigt wie das Finale am Samstag im legendären Londoner Wembley-Stadion. Seit Wochen sprechen alle davon – verständlich, zwei deutsche Teams im wichtigsten Spiel des mit Abstand bedeutendsten Clubwettbewerbes. Nur ein Finale der Fußball-Weltmeisterschaft kann da noch mithalten.
In Dortmund herrscht schon seit Tagen der Ausnahmezustand. Viele Dortmunder werden auch ohne Ticket nach London reisen, Schwarz-Gelb dürfte eindeutig das Straßenbild prägen. Manche Public-Viewing-Veranstaltungen in Dortmund sind bereits ausverkauft; Stadt und Kneipen dürften am Samstag proppenvoll sein. Falls der BVB triumphiert, rechnet die Stadt Dortmund mit bis zu 250 000 Menschen, die am Sonntag die Mannschaft in der Innenstadt feiern wollen.
„Kohle gegen Pott“
Selbst Medien, denen der Fußball sonst nur Randgeschichten wert ist, rücken das Match in den Vordergrund. Der Focus etwa (dessen Herausgeber Helmut Markwort zum Bayern-Aufsichtsrat gehört und der bei den Spielen eine Reihe unter den Bayern-Granden Rummenigge und Hoeneß sitzt), brachte zum langen Wochenende eine Titelgeschichte mit der Überschrift „Das deutsche Duell – Kohle gegen Pott, was ein Fußballspiel über unser Land erzählt. Meine Neugier war geweckt und so habe ich das Blatt am Zeitungsstand im Dortmunder Hauptbahnhof mal eben schnell begutachtet. Die Story? Na ja, das arme Ruhrgebiet, geplagt von Hartz IV und Arbeitslosigkeit, gegen das reiche, wirtschaftlich florierende Bayern. Ein wenig Klassenkampf, ein wenig David (BVB) gegen Goliath (Bayern), ein wenig Malocher gegen Manager – ganz nette Thesen, aber auch ein wenig inzwischen an der Realität vorbei. Denn Dortmund ist schon lange nicht mehr nur das Ruhrgebiet, der Pott ist nicht mehr nur Elend und Verzweiflung. Der Global Player Bayern München verkörpert zudem nicht mehr den Freistaat allein - auch wenn er diese Wurzeln gerne betont. Aber wenn der Focus häufig solche Geschichten im Blatt hätte, würde ich ihn vielleicht auch mal lesen. Obwohl der Text reichlich kurz war und ziemlich abrupt endete.
Jedenfalls ist Dortmund schon der Herausforderer, der den Platzhirsch Bayern München in den letzten Jahren heftig ärgerte. Besonders die 2:5-Schlappe im letzten DFB-Pokalfinale war für Hoeneß und Freunde eine richtige Demütigung. Nach dreimal Vize in der Saison 2011/2012 durfte der brave Christian Nerlinger gehen; Matthias Sammer kam dafür und spielte erfolgreich den Spaßverderber.
Das Ergebnis ist bekannt: Bayern absolvierte eine hochbrilliante Bundesligasaison, war haushoch überlegen und wirkte auch in der Champions League sehr souverän. Die Krönung waren die zwei deutlichen Erfolge gegen den großen FC Barcelona im Halbfinale. Selbst ich war beeindruckt.
Kein Götze-Abschied
Der BVB hingegen spielte eine eher mäßige Bundesliga-Saison, ließ viele Punkte liegen. Nur in der Champions League bot das Klopp-Team herausragende Leistungen, imponierte in der sogenannten „Todesgruppe“ gegen Real Madrid, Manchester City und Ajax Amsterdam, schaffte gegen Malaga ein Wunder und überzeugte auch gegen Real im Halbfinale. Trotz Münchener Störfeuers, denn mitten in die Vorbereitungen des Spiels platzte die Meldung vom Götze-Transfer nach München.
Eine Meldung, die nicht nur die Dortmunder Fangemeinde schockte. Durch diesen Wechsel ist die Stimmung deutlich angespannt. Mario Götze wird allerdings nicht spielen und sonst? Ich habe ein schlechtes Gefühl, erwarte eine deutliche Dortmunder Niederlage – und das ist gut so. Denn immer wenn ich so ein mieses Gefühl hatte, endete die Sache positiv. Das war schon früher in der Schule so. Und dass der BVB gegen Bayern München gewinnen kann, hat das letzte Jahr eindeutig bewiesen. Muss ja diesmal nicht unbedingt ein 5:2 sein.
So war es 1966: Ausgerechnet Stan Libuda traf in der 116. Minute zum 2:1 gegen den FC Liverpool. Und Borussia Dortmund holte erstmals einen Europapokal nach Deutschland.