Wo laufen die Pferde im Derby 2013? Weiterhin in Hamburg, wo es seit 1869 fast ohne Unterbrechungen stattfindet oder an einem anderer Ort? München? Oder vielleicht Hoppegarten. Das wichtigste Rennen der deutschen Turfsaison ist auf dem Markt. Im Klartext: Hamburg bekommt Konkurrenz, andere Bahnen wie München, Baden-Baden und Hoppegarten werden genannt.
Nach dem Derbymeeting 2012 hatte das Präsidium des Direktoriums für Vollblutzucht und Rennen (DVR) das Deutsche Derby und die damit zusammenhängende Derby-Woche für die Jahre 2013 und später neu ausgeschrieben. Das DVR suche neue, nachhaltige Konzepte zur Durchführung einer Premium-Veranstaltung rund um das wichtigste Vollblutrennen des deutschen Galopprennsports, heißt es in einer Pressemitteilung.
Am Dienstag meldeten sich die empörten Hamburger zurück. „Wir waren überrascht und konsterniert", sagte HRC-Präsident Eugen-Andreas Wahler auf einer Pressekonferenz. Das sei ein einmaliger und unglaublicher Vorgang, ohne Rücksprache mit dem Veranstalter eine so bedeutende Veranstaltung einfach allen anzubieten. „Wir werden uns ein solches Verhalten seitens des Direktoriums nicht bieten lassen“, erklärte Wahler und kündigte rechtliche Schritte an.
Gräben
So manches verstehe ich bei den Hamburgern aber nicht. HRC-Chef Wahler sitzt im DVR-Präsidium, hat aber von den Ausschreibungsplänen angeblich nichts mitbekommen. Normalerweise sollten bei Plänen dieser Kategorie alle im Vorstand informiert sein – im Idealfall. Oder waren die Derby-Pläne eine „Zwei-Mann-Veranstaltung“ ohne den Rest des Vorstandes? Sowohl das Vorgehen des Direktoriums für Vollblutzucht und Rennen (DVR) als auch die Reaktion des Hamburger Renn-Clubs zeigen eindrucksvoll die Differenzen zwischen Köln (DRV) und Hamburg. Und offenbar sind noch einige Rechnungen offen.
Nicht neu ist die Kritik am HRC als Veranstalter des Derbys. Der Zustand des Geläufs wird permanent bemängelt, hinzu kommen andere Aspekte wie rückläufige Zuschauerzahlen. „Die Gegebenheiten in Hamburg entsprechen nicht mehr dem modernen Standard“, formuliert es das DVR.
Allerdings: Was ist moderner Standard auf deutschen Rennbahnen? Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendein Rennverein in den letzten Jahren groß in Tribünen-Neubauten investiert hätte. In der Regel sind die meisten finanziell so angeschlagen, dass eigentlich nur Überleben die Devise ist.
Ein legendäres Derby mit einer legendären Reportage von Manfred Chapman: Samum im Besitz des damaligen HRC-Präsidenten triumphiert 2000 in Hamburg-Horn.
Wobei die Bahn in Hamburg schon ein besonderes Kaliber ist. Den Spruch mit dem lieben Gott im Zorn und der Galopprennbahn zu Hamburg-Horn erspare ich mir zwar hier, aber er ist nicht falsch. Mein erster (und letzter) Besuch liegt über 20 Jahre zurück, dem Jahr, als TemporalLomitas besiegte. Meine Brüder begleiteten mich, am Ende waren die Daumen unten. Weil man auf den billigen Plätzen nur sieht, wie die Pferde die Zielgerade entlang laufen. Die Gegenseite war überhaupt nicht zu erkennen, Bäume und unzählige VIP-Zelte behinderten die Sicht. Wer die Rennen sehen wollte, war ohne Bildschirm aufgeschmissen.
Dazu die langen Wege zum Führring und wieder zurück, was bei Temperaturen von über 30 Grad nicht unbedingt ein Vergnügen war. Jedenfalls fiel das Urteil vernichtend aus, jeder Rennbahn in Nordrhein-Westfalen lohnte mehr den Besuch. Das Derby habe ich dann in den Jahren danach lieber zuhause oder beim Buchmacher geschaut. Zudem fiel die Derbywoche immer in die letzte Woche des Monats – und da hatte ich lange beruflich eh’ nie Zeit.
München will
Einiges mag in Hamburg besser geworden sein, vieles aber – wenn ich mir die Bilder anschaue – nicht. Was spricht für den Standort? Erst einmal die eigentlich faire Kursführung, zum anderen die Tradition – ein Pfund, aus dem aber der gesamte deutsche Galopprennsport viel zu wenig macht. Undenkbar etwa, dass die Briten die gleiche Diskussion über Epsom zulassen würden. Und natürlich ist Hamburg eine schöne Stadt, die immer einen Besuch wert ist.
Auch München hat seine Qualitäten, aber das wichtigste Rennen des deutschen Turfs dort? Können die das überhaupt finanziell schultern? Jedenfalls traut sich der Münchener Rennverein (MRV) das offensichtlich zu, obwohl sie auch nicht gerade schwarze Zahlen schreiben.
Aus Dortmunder Sicht ist München natürlich am Ende der Welt. Die Rennbahn in Riem hat mir aber bei meinen Besuchen ganz gut gefallen: Ein großes Gelände, eine lange Bahn und eine charmante Tribüne, wo man ziemlich weit oben eine fantastische Sicht hat. Ob diese aber die Menschenmassen, die zum Derby erwartet werden, fassen wird?
Hoppegarten wäre symbolisch natürlich nicht schlecht – Hauptstadt, alte Tradition etc. Und Baden-Baden? Die Hamburger sagen, dass Baden-Racing nicht interessiert sei, das Direktorium erklärt Gegenteiliges. Jedenfalls dürften die nächsten Monate spannend werden.