Der Galopprennsport in England kam in dieser Kolumne zuletzt ein wenig kurz. Royal Ascot etwa wurde quasi ignoriert. Das soll sich ändern – denn gerade Ende Juli und Anfang August geht es auf der Insel hoch her: In Ascot steht die King George VI and QE Stakes, ein Gruppe 1-Rennen über 2400 Meter, auf dem Programm. Fast nahtlos darauf folgt Glorious Goodwood mit vielen Gruppe-Prüfungen und oftmals wahnsinnig schwierigen Handicaps. nurpferdeundfussball macht schon mal ein wenig Appetit auf drei Höhepunkte.
King George VI and QE Stakes, Samstag 28.07.2018, Ascot
Der Sommer-Showdown über 2400 Meter: 2012 und 2013 triumphierten hier Danedream und Novellist für deutsche Interessen. Im Vorjahr distanzierte die famose Enable das Feld, die Siegerliste ist gespickt mit großen Namen des Turfs.
In diesem Jahr sorgte ein Pferd aus dem mächtigen Quartier von Aidan O’Brien für die größte Bewegung bei den Buchmachern. Der dreijährige Kew Gardens gewann am vorletzten Samstag den Gruppe 1-Grand Prix de Paris in Longchamp. Es war ein Test, ob er auf 2400 Metern mit den Besten mithalten kann. Test bestanden, denn eigentlich galt der Hengst nach seinem überlegenem Erfolg in den Queens Vase Stakes in Royal Ascot (Gr.2, 2800 Meter) als Kandidat für das englische St. Leger. Das mag sich nicht ausschließen, denn das St. Leger ist ja erst im September.
Im Wettmarkt notiert das O’Brien Pferd hinten den beiden Schützlingen von Sir Michael Stoute, Crystal Ocean und Poet’s Word. Crystal Ocean ist einer dieser Kandidaten von Trainer Stoute, die erst mit vier Jahren oder älter ihren Zenit erreichen. Dreijährig Zweiter im englischen St. Leger, ist er in dieser Saison noch ungeschlagen und gewann zuletzt die Gruppe 2-Hardwicke Stakes. Der Sieg fiel sehr souverän aus, auch wenn der vermeintlich stärkste Gegner Idaho enttäuschte. Poet’s Word rang zuletzt in den Prince of Wales’s Stakes den hohen Favoriten Cracksman nieder und ist ein sehr konstantes Pferd. Cracksman hat in diesem Jahr noch nicht ganz an seine famose Form aus dem Vorjahr angeknüpft, vielleicht bereitet ihn Trainer John Gosden ja auch auf eine erfolgreiche Herbstkampagne vor. Interessant finde ich noch Waldgeist, der Sohn der Monsun-Tochter Waldlerche. Im Grand Prix de Saint Cloud (Gruppe 1) besiegte er die gute Gosden-Stute Coronet (ebenfalls noch eine Nennung) und untermauerte mit dem dritten Erfolg in Serie seinen Aufwärtstrend. Am liebsten wäre mir in seinem Fall jedoch, dass es vorher noch etwas regnet, damit der Boden wenigstens gut bis weich wäre. Tipp Waldgeist
Goodwood Cup, Dienstag 31. Juli 2018, Goodwood
Eines dieser in England so beliebten Rennen über ganze lange Distanzen, in diesem Fall sind es über 3200 Meter. Klarer Favorit ist Stradivarius aus dem Stall von John Gosden, zuletzt knapp erfolgreich im Ascot Gold Cup und davor souveräner Sieger im Yorkshire Cup. Das war alles überzeugend, aber der Kurs ist entsprechend tief. Alternativen? Torcedor lief in Ascot das wohl beste Rennen seines Lebens und war als Dritter mit einer Länge Rückstand gar nicht weit geschlagen. Seit 2017 wird der Fastnet Rock-Sohn von Jessica Harrington trainiert, seitdem ist er – bis auf den Flop in Meydan – ein sehr beständiges Pferd.
Das Wetter war schlecht, der Sieg grandios: Big Orange siegt Start-Ziel im Goodwood Cup 2016.
Mir aber gefällt Withhold besser. Der Schützling von Trainer Roger Charlton gewann im letzten Jahr völlig souverän das Cesarewitsch-Handicap in Newmarket über weite 3600 Meter und siegte bei seinem Jahresdebüt in der Northumberland Plate in Newcastle ebenfalls überzeugend. Das sind zwei der schwersten Handicaps des britischen Turfjahres und es bedarf schon eines sehr guten Pferdes, diese so zu dominieren. Der Sprung in die Gruppe 1-Klasse ist groß, aber Withhold ist deutlich besser als ein Handicapper. Sein Trainer hatte immer ein gutes Händchen für diese Art Pferde. Tipp Withhold
Sussex Stakes, Mittwoch 1.8.2017 Goodwood
1600 Meter, Gruppe 1 – und alles dreht sich um Without Parole. Der Frankel-Sohn ist nach drei Starts noch ungeschlagen und gewann zuletzt die St. James Palace Stakes in Royal Ascot. Gustav Klimt fand da noch gut ins Rennen, erreichte aber den Sieger nicht. Das Rückspiel folgt in Goodwood, doch es wird nicht einfach: Im Feld sind noch mehrere bewährte ältere Pferde wie Beat The Bank, Lightning Spear oder Rhododendron. Letztere hat jedoch noch Nennungen in anderen Prüfungen des Festivals, zum Beispiel in den Nassau Stakes (Gruppe 1, 2000 Meter). Beat The Bank hat in diesem Jahr wieder zu guter Form gefunden und ist unsere Empfehlung.
Nachgenannt wurde Expert Eye, überlegener Sieger in den Jersey Stakes. Im Stall von Sir Michael Stoute hatte man immer eine hohe Meinung, sein Erfolg zweijährig in Goodwood bestätigte diese auch. Doch danach folgten einige Enttäuschungen in Top-Prüfungen, bis der Knoten in Ascot wieder platzte. Ein interessanter Kandidat, der dem Rennen zusätzliche Würze gibt.
Tipp Beat The Bank
26.07. Nachtrag zum King George
Unser Tipp Waldgeist wird nicht im King George laufen. Trainer Andre Fabre nahm ihn aus dem Rennen, weil der Boden zu trocken ist. Nichtstarter wird ebenfalls Kew Gardens sein, dafür soll Cracksman starten, wenn es vorher geregnet hat. Das bestätigte Trainer John Gosden.