Chantilly statt Longchamp heißt es am Sonntag, wenn die Pferde zum PrIx de l‘Arc de Triomphe 2016 in die Boxen rücken. Die Rennbahn in Longchamp wird renoviert, daher wird das Top-Rennen auf der französischen Top-Bahn mit dem markanten Schloss im Hintergrund gelaufen. Aber irgendwie habe ich den Eindruck, dass in früheren Jahren die Euphorie größer war. Nichtsdestotrotz ein fantastisches Rennen mit vielen Fragen: Schafft es der Favorit Postponed? Gibt es ein japanisches Happy-End? Was machen die französischen Starter, zwei ihrer Besten werden fehlen. Und natürlich: Gibt es einen deutschen Sieg? Wandelt Savoir Vivre auf den Spuren von Danedream und Star Appeal? Starter und Chancen im Arc 2016.
1. New Bay (Trainer Andre Fabre/Jockey Vincent Cheminaud): Der höchst eingeschätzte einheimischer Starter. Der Dritte aus dem Vorjahr lief zuletzt ein passables Rennen in den Irish Champion Stakes. Es ist erst der dritte Saisonstart, weil auch New Bay im Frühjahr krank war. Immerhin ist der Akku noch voll, Fabre ein Top-Trainer, aber New Bay nicht so stark über 2400 Meter.
2. Postponed (Trainer Roger Varian/Jockey Andrea Atzeni): Spätentwickler, aber schon von seinem alten Trainer Luca Cumani hochgeschätzt. Roger Varian setzte den kontinuierlichen Aufbau fort, zuletzt gewann er sechs Rennen in Serie, alle der Kategorie Gruppe 1 und 2. Spitzenklasse sowohl über 2400 als auch 2000 Meter. Nach dem Meydan-Aufenthalt erst zwei Starts in Europa in diesem Jahr, auch er litt im Frühjahr unter einem Virus. Der Favorit im Vorfeld, aber im Arc siegt nicht immer das Pferd mit den besten Vorformen.
3. Migwar (Trainer Freddie Head/Olivier Peslier): Nach allen Formen wäre sein Sieg eine Sensation. Der größte Pluspunkt ist der Jockey.
4. Highland Reel (Trainer Aidan O’Brien/ Jockey Seamie Heffernan ): Triumphator im King George, allerdings war das Top-Rennen in diesem Jahr nicht besonders stark besetzt. Ein sehr formbeständiges Pferd, zuletzt aber zwei Mal chancenlos. Der trockene Boden sollte passen, das Tempo sollte hoch genug für diesen Steher sein, aber so recht kann ich mir seinen Sieg nicht vorstellen.
5. One Foot in Heaven (Trainer Alain de Royer Dupre/Jockey Cristian Demuro): Dieser Hengst verbesserte sich in diesem Jahr gewaltig, zuletzt bekam er aber seine Grenzen aufgezeigt.
6. The Grey Gatsby (Trainer Kevin Ryan/ Jockey James Doyle): Der so großartige Schimmel, auch in dieser Kolumne hochgeschätzt, gewann zuletzt im September 2014. Es ist also schon etwas her, als er in Leopardstown den übermächtigen Australia düpierte. Der Graue ist zwar immer noch ein tolles Pferd, aber die alte Klasse hat er nicht mehr. Zudem wurden ihm 2400 Meter immer etwas lang.
7. Silverwave (Trainer Pascal Bary/ Jockey Christophe Suoumillon): In diesem Jahr weiter verbessert, gewann zuletzt den Prix Foy (Gruppe 2) vor dem Schlenderhaner Ito und davor den Grand Prix de Saint-Cloud (Gr. 1). Beide Formen sollten aber nicht überbewertet werden. Im Prix Foy liefen nur vier Pferde, im Grand Prix de St. Cloud hat Erupt, der Zweite, die Form nicht unbedingt aufgewertet.
8. Order of St. George (Trainer Aidan O’Brien/ Jockey Frankie Dettori): Einer der Top-Steher Europas, der aber merklich in der Distanz heruntergeht. Hat er den Speed für 2400 Meter? An mangelndem Stehvermögen wird er definitiv nicht scheitern.
9. Siljan’s Saga (Trainer Jean-Pierre Gauvin/Jockey Pierre-Charles Budot): Sechsjährige Stute, zuletzt hinter Savoir Vivre und Silverwave. Bei ihren besten Formen stand immer ein w wie „weich“ in der Bodenangabe, Außenseiterin.
10. Found (Trainer Aidan O’Brien/ Jockey Ryan Moore): In diesem Jahr fast schon Dauerzweite in Gruppe 1-Rennen. Wer also ein Pferd für die Ita-Wette braucht, sei Found empfohlen. Die Stute, die im letzten Breeders Cup Golden Horn schlug, zieht zudem die unglücklichen Rennsituationen regelrecht an. So recht steht sie bei mir nicht zum Sieg, aber ich liege bei den Pferden von Aidan O’Brien auch häufig daneben.
Der Erfolg des großen Montjeu im Arc 1999
11 Harzand (Trainer Dermot K. Weld/ Jockey Pat Smullen): Englischer und irischer Derbysieger. Doch dann folgte der Flop in den Irish Champion Stakes, für den es jedoch gesundheitliche Gründe gab. In Bestform natürlich ein Kandidat für den Sieg, auch wenn die dreijährigen englischen und irischen Hengste so stark in diesem Jahr nicht sind. Aber 2400 Meter sind für diesen großen Steher deutlich besser als die 2000 Meter in den Irish Champion Stakes. Im letzten Jahr korrigierte Golden Horn, der englische Derbysieger 2015, im Arc ebenfalls eine schwächere Form.
12 Vedevani (Trainer Alain de Royer Dupre/ Jockey Alexis Badel): Tempomacher für den Stallgefährten Harzand.
13 Talismanic (Trainer Andre Fabre/ Jockey Mickael Barzelona): Godolphin-Vertreter aus dem Quartier des Erfolgstrainers Andre Fabre. Der Hengst müsste sich gewaltig steigern, um hier eine Chance zu haben. Immerhin frischer Sieger, aber das war im Listenrennen.
14 Makahaki (Trainer Yasuo Tomamichi/ Jockey Christoph Lemaire): „Die beste Chance aller Zeiten auf einen japanischen Erfolg“, nennt der Kollege Will Hayler von der Sporting Life Makahaki. Jedenfalls kommt er als relativ frisches Pferd an den Ablauf, der Sieg im Prix Niel gegen Midtherm war harte Arbeit, der Unterlegene hat allerdings einen sehr guten Ruf im Quartier von Michael Stoute und galt lange Zeit als englischer Derby-Favorit, bevor ihn eine Verletzung stoppte. Die japanischen Formen sind schwer bewertbar, positiv ist aber, dass mit Christophe Lemaire ein Jockey im Sattel sitzt, der die Bahn kennt.
15 Savoir Vivre (Trainer Jean-Pierre Carvalho/ Jockey Frederik Tylicki): Der deutsche Vertreter hatte immer eine hohe Reputation im Ullmann/Schlenderhan-Quartier. Nach einem guten Debüt enttäuschte er zweimal, kam dann aber quasi wie Phönix aus der Asche im Derby als Zweiter ins Ziel. Danach siegte der Adlerflug-Sohn über 2500 Meter in Deauville, aber jetzt geht es gegen die großen Jungs. Ein Platzgeld wäre ein toller Erfolg.
16 Left Hand (Trainer Carlos Laffon-Parias/Jockey Mxim Guyon): Dreijährige Stute, die für viele so eine Art Geheimtipp ist. Zuletzt Erste im Prix Vermeille gegen die Godolphin-Stute Endless Time, davor Zweite im französischen Preis der Diana hinter der bärenstarken La Cressoniere. Besonders diese Form war sehr stark, diese Aufgabe ist aber noch schwerer.