Richard Hughes: „Mr. Cool” macht Schluss als Jockey
Die Prüfung war nicht unbedingt einer der sportlichen Höhepunkte des Glorious Goodwood Festivals in der letzten Woche, aber die Jack Berry House Nursery für zweijährige Pferde über schnelle 1207 Meter am letzten Donnerstag wird dennoch in die Geschichte des englischen Turfs eingehen: Es war der letzte Sieg für Richard Hughes, der zum 1. August seine Jockey-Karriere beendete und nun Trainer wird.

Der Erfolg auf Belvoir Bay, trainiert von seinen Schwager Richard Hannon, dokumentierte noch einmal eindrucksvoll die herausragenden Qualitäten des irischen Jockeys. Zuerst ließ er die Stute in aller Ruhe auf die Beine kommen und hielt sie hinten im Feld. Nun ist der Weg von hinten auf der geraden Bahn im so idyllischen Goodwood oftmals eine nerven kostende Angelegenheit. So war es auch diesmal: Mehrmals suchte Hughes eine Lücke, doch jedes Mal war der Weg versperrt.
Kein Grund zur Panik: „Hughesie“ wartete, bugsierte sein Pferd in aller Ruhe nach außen und da war auf einmal Platz. Und während alle anderen Reiter ihre Pferde schon heftig bemühten, saß Richard Hughes immer noch „wie im Kino“. Erst auf den letzten Metern begann Hughes zu arbeiten und Belvoir Bay zog noch leicht an den Gegnern vorbei.
Es war ein typischer Richard Hughes-Ritt. Eine Mischung aus Coolness, Eleganz und Lässigkeit, die fast schon arrogant wirkt. Doch Hughes fand fast immer den richtigen Gang. Besonders auf dem anspruchsvollen Kurs in Goodwood galt er als Meisterjockey.
Taktisch und stilistisch war Hughes Weltklasse, nur im Endkampf gab es stärkere Jockeys. Man sehe sich nur den Ritt auf Nancy from Nairobi am Goodwood-Mittwoch an.

Canford Cliffs, Paco Boy und viele mehr
Nichtsdestotrotz machte der Sohn des irischen Hindernistrainers Dessie Hughes eine tolle Karriere. Englischer Champion der Flach-Jockeys der letzten drei Jahre, großartige Erfolge mit Pferden wie Oasis Dream, Paco Boy, Canford Cliffs, Toronado, Sole Power, Sky Lantern oder Tiggy Wiggy – da kam einiges zusammen. Dabei war er mit einer Körpergröße von 1,79 Metern fast ein Riese unter seinen Reiterkollegen.
Nur das englische Derby hat Hughes nie gewonnen. Das lag aber auch daran, dass er in diesem Klassiker eigentlich nie auf einem chancenreichen Kandidaten saß. Sein Hauptpatron Richard Hannon (und später dann sein Sohn mit dem gleichen Namen) war mehr spezialisiert auf frühreife Zweijährige. In den Siegerlisten der großen Zweijährigen-Rennen speziell im Frühsommer und Sommer tauchen die Namen Hannon und Hughes permanent auf. Viele dieser Youngster trumpften während Royal Ascot auf und siegten in wichtigen Prüfungen. Das waren in der Regel aber keine Kandidaten für Steherdistanzen, eher Pferde für Kurz- oder Mitteldistanzen. Allerdings hat in den letzten Jahren die Qualität der Pferde im Hannon-Quartier deutlich zugenommen.



Canford Cliffs triumphiert in den St. James Palace Stakes 2010 in Ascot. Auch hier wartet Richard Hughes lange, findet die Lücke und siegt in großem Stil.

Letzte Rettung
Der Autor mag das Team Hannon und Hughes sowieso. Wenn das Online-Wettkonto sich langsam leerte und gegen Null ging, half häufig nur noch die Kombination der beiden Richards. Das letzte Geld auf einen Zweijährigen von Trainer Hannon und mit Richard Hughes, diese Strategie funktionierte fast immer. Wenn dann noch andere große Ställe wie etwa Godolphin blaublütig gezogene Pferd ins Rennen schickten und dieses dann gewettet wurden, gab es für manche Hannon-Pferde erstaunlich viel Geld.
Mit 42 Jahren endet jetzt eine erfolgreiche Jockey-Karriere. Seit dem 1. August trainiert Richard Hughes Rennpferde, eine neue Herausforderung wartet auf den eloquenten Iren. Auch wenn er die alten Kollegen vermissen wird.
„Die Jockey-Stube ist ein spezieller Platz“, erklärt Hughes. „Manchmal ist sie wie ein Klassenzimmer verwöhnter Kids. Wenn du drin bist, kannst du dich verstecken. Das ist ein schönes Gefühl. Du weißt, du bist beschützt von der Außenwelt und bist mit deinen Kollegen viel enger verbunden als angenommen.“
Zumindest wird es ihm in England als Trainer nicht so gehen wie in seiner Jockey-Zeit in Indien. „Wenn man auf einem Favoriten verloren hatte, bewarfen einen die Leute“, sagte Hughes beim englischen Fernsehsender Channel 4. Groß gestört hat es ihn nicht. „Das war einfach so“. Und dabei grinste er.

Richard Hughes in der Datenbank des Guardian und bei Wikipedia