Nun ist er also wieder bei Borussia Dortmund – Mittelfeldspieler Shinji Kagawa, in Dortmund gefeiert, in Manchester aber quasi gefeuert. „Nur“ acht Millionen Euro zahlte der BVB diesmal, Manchester United hatte den japanischen Offensivspieler noch für 16 Millionen vom BVB erworben.
„Jetzt bin ich einfach nur froh, wieder in Dortmund zu sein. Bei dieser tollen Mannschaft, diesem Wahnsinns-Umfeld, den einzigartigen Fans. Der BVB ist wie eine Familie. Ich bin stolz, dass sie mich nie vergessen hat und ich wieder dazugehören darf",
sagte Kagawa nach der Heimkehr.
Man könnte jetzt sagen, das übliche PR-Gewäsch, was Profifußballer nach so einem Transfer von sich geben. Aber irgendwie glaube ich noch ein wenig an das Gute in diesem hartem Geschäft und behaupte, dass sich Kagawa wirklich über diese Rückkehr freut. Denn die Zuneigung, die ihm in Dortmund entgegenschlug, war immens – kaum ein Spieler wurde so in den letzten Jahren von den BVB-Fans verehrt, kaum ein anderer schwarz-gelber Akteur gewann so schnell die Herzen des Borussen-Anhangs wie dieser quirlige Japaner. Jedenfalls wird der Empfang für Kagawa im Stadion beim Spiel gegen den SC Freiburg frenetisch sein.
Schon wieder keine Ahnung, Mario B..
Shinji Kagawa war vielleicht das größte Transfer-Schnäppchen des Dortmunder Managers Michael Zorc. 350 000 Euro hatte die Borussia zu Beginn der Spielzeit 2010/20111 an Cerezo Osaka gezahlt. Es war der Transfer eines hochtalentierten Nachwuchsspielers aus Asien, der in Dortmund reifen und irgendwann mal zum Erfolg des Teams beitragen sollte. „Und dann haben sie da noch einen Neuen: Japans Nationalspieler Kagawa. 1,72 Meter groß, 63 Kilo schwer. Wenn die 25000 Fans auf der Südtribüne mal brüllen, weht der dir weg. Mit dem stürmst du vielleicht den Fanartikel-Markt in Asien, aber nicht im Derby gegen Schalke“,
höhnte Mario Basler im Sommer 2010 in seiner Vorschau für die
BlÖD. „Der kleine Racker muss sich erst mal daran gewöhnen, dass Tauben im Ruhrpott keine Delikatesse sind. Und dass es in der Bundesliga immer schön auf die Stäbchen gibt...“
Wie so häufig lag Nikotinexperte Basler falsch, entpuppte sich sein Geschreibsel (für das er wahrscheinlich nur seinen Namen hergab, jedoch gut bezahlt) als völlig sinnfrei. Von Saisonbeginn an brillierte Shinji Kagawa, spätestens nach seinen zwei Toren beim Derbysieg auf Schalke rückte er in den Heldenstatus. Und von wegen zweikampfschwach, das war vielleicht Mario B. in seiner aktiven Zeit: Kagawa war für die meisten Abwehrspieler einfach viel zu schnell; Zweikämpfe hatte er nicht viele.
Dortmund wurde am Ende völlig überraschend Meister und Shinji Kagawa leistete in dieser starken Mannschaft herausragende Dienste. Der 2,62 Notenschnitt im Fachblatt
kicker war sensationell, sein Spiel war die pure Lust am Fußball und zeigte, wie schön dieser Sport doch sein kann. Auch im zweiten Jahr überzeugte der Offensivmann und holte mit Dortmund Meisterschaft und Pokal.
Einige Mitspieler berichteten später, dass es Kagawa ungemein schwer gefallen sei, Dortmund zu verlassen. Aber die Premier League und besonders Manchester United haben in Japan einen deutlich höheren Stellenwert als die Bundesliga und Borussia Dortmund. Und etwas mehr Geld gab es zudem auf der Insel.
Die fehlende Leichtigkeit
Doch die Zeit bei United wurde bekanntlich zum Flop. Es waren turbulente Tage beim Traditionsverein von der Insel. Auf die Manager-Legende Alex Ferguson folgte David Moyes und der Club legte die schlechteste Saison seit Ewigkeiten hin. Kagawa spielte entweder gar nicht und oder auf dem Flügel, wo er total verschenkt wirkte.
Beim diesjährigen Champions League-Viertelfinale zwischen Bayern München und Manchester United habe ich ihn zuletzt über 90 Minuten gesehen. In München durfte Kagawa mal wieder ran und fiel in einer eher defensiv ausgerichteten Mannschaft nicht besonders auf. Nur diese Leichtigkeit, die sein Spiel in Dortmund so auszeichnete, war verschwunden. Er wirkte bedrückt.
Jetzt ist er also wieder in Dortmund, nachdem auch Manchester Neu-Manager Louis van Gaal nicht auf den Spieler setzt. Und so sehr ich mich auch freue, sollte man die Erwartungen nicht zu hoch ansetzen. Denn Kagawa muss erst einmal die Enttäuschung aus England überwinden, er kommt diesmal nicht als Nobody, der eigentlich nur gewinnen kann.
Geduld ist angesagt, zumal Dortmund auf Kagawa Lieblingsposition – der 10 – mit Marco Reus und Henrikh Mkhirtaryan sehr gut besetzt ist. Und besonders letzterer wird in diesem Jahr noch einmal einen Sprung nach vorne machen, weil er einfach ein herausragender Spieler ist.
Aber eine Saison ist lang, die Belastungen aus Liga, Champions League und Länderspielen sind groß und Verletzungen werden kommen. Da kann der Klub froh sein, jemanden wie Shinji Kagawa zu haben. Oder vielleicht sehen wir ja wieder den alten „Shinji“ aus den Jahren 2010 bis 2012. Das wäre aber fast schon ein Wunder. Aber Jürgen Klopp und sein Team haben schon andere Spieler wieder in die Spur gebracht.