Das war also das große Real Madrid, das am Dienstag im Halbfinale der Champions League dem FC Bayern mit 1:2 unterlag. Die Königlichen, später die selbsternannten Galaktischen – ich fand ihre Leistung äußerst irdisch. Die internationale Presse bescheinigte der Begegnung zwar große Klasse, aber überzeugten konnten nur die Münchener. Die Lobeshymnen von SAT 1-Kommentator Wolf-Dieter Fuß auf die Bayern wirkten zwar etwas übertrieben, die Spitzen auf den alten und neuen deutschen Meister Borussia Dortmund kann er sich zudem sparen.
Real Madrid spielte hingegen nur seinen Stiefel herunter. Der Ausgleich fiel glücklich, ansonsten wirkte das Starensemble reichlich uninspiriert. Allen voran Cristiano Ronaldo. Wahnwitzige 94 Millionen Euro Ablöse zahlten Real Madrid und sein neureicher Präsident Florentino Perez einst für den Portugiesen. 139 Tore in bisher 137 Spielen sind schon eine ordentliche Bilanz und unzählige verkaufte Trikots machen sich auch nicht schlecht. In München fiel CR 7 nur durch seine schlecht getretenen Freistösse auf, versteckte sich wie so häufig in wichtigen Spielen. Vielleicht lag es ja daran, dass
Unbekannte ihm vor dem Spiel seine Schuhe aus der Kabine klauten.
Eigentlich spielt ja Real ja eine starke Saison in der heimischen Primera Division. Das beeindruckende Torverhältnis von 107:29, nur zwei Niederlagen und vier Punkte vor dem Erzrivalen Barca – das Team von Jose Mourinho ist also deutlich auf Kurs. In der Champions League konnte das Team bislang ebenfalls überzeugen. In München gelang das viel weniger, weil Bayern gerade im Defensivbereich sehr aufmerksam agierte. Nur Özil und Benzema sorgten für gelegentliche Lichtblicke.
Der gütige Mourinho
Noch nicht einmal im Kader von Real stand der ehemalige Dortmunder Nuri Sahin, im letzten Jahr in einer sehr starken BVB-Mannschaft einer der Besten. Bei den Königlichen ist der so spielstarke Sahin aber weit von einem Stammplatz entfernt. Das mag daran liegen, dass er verletzt nach Spanien kam und lange pausierte. Dennoch fällt er derzeit in Madrid in die Rubrik Fehleinkäufe (ebenso wie der ehemalige Münchener und gebürtige Gelsenkirchener Hamit Altintop). Ich bezweifele zudem, ob Sahin überhaupt in das Team von Jose Mourinho passt.
Der laut Eigeneinschätzung „beste Trainer der Welt“ wirkte an diesem Abend ziemlich schlecht gelaunt. Dass der Portugiese mal wieder die spanische Presse boykottierte, ist nicht neu, weil Journalisten in der Wertschätzung des Meisters nun mal ganz unten stehen. Wer mal unter seiner Regie gespielt hat, lernt aber einen ganz anderen Menschen kennen. „Sie müssen sich Mourinho wie einen Vater vorstellen. Er schützt jeden seinen Spieler“, erklärte etwa der heutige Stuttgarter Khalid Boulahrouz der Nachrichtenagentur
dpa. Boulahrouz arbeitete bei Chelsea London mit dem Portugiesen zusammen.
Das knappe 1:2 bei den Bayern lässt Real aber für das Rückspiel im legendären Estadio Santiago Bernabeu alle Chancen. Es ist so und so ein ungleiches Duell: Während Bayern München (und alle anderen deutschen Mannschaften) auf schwarze Zahlen achten müssen, ist das bei Real Madrid scheinbar egal, haben kaufmännische Werte wenig Aussagekraft. Die Königlichen haben
gigantische Schulden, aber für spanische Banken ist es offenbar eine Ehre, Real Madrid mit Kredite zu versorgen.