Freitag, 19. Mai 2017
Lockheed eine harte Nuss für Dragon Lips und co.
Der erste Klassiker in der deutschen Turfsaison steht bevor. Und da wartet auf die deutschen Starter im Mehl Mülhens-Rennen (Sonntag 21. Mai), den German 2000 Guineas in Köln, ein starker Gast aus dem Vereinigten Königreich. Starter und Chancen im Showdown über 1600 Meter.

1. Dia Del Sol (Trainer Markus Klug/Jockey Ioritz Mendizabal): Im Dr. Busch-Memorial völlig unter Wert geschlagen, hatte jedoch einen schlechten Rennverlauf. Der Röttgener war ein ganz starker Zweijähriger, gewann unter anderem das Badener Auktionsrennen gegen Dragon Lips. Nach dieser Form sollte er auch in Köln weiter vorne sein.

2. Dragon Lips (Trainer Andreas Suborics/Jockey Andrasch Starke): Ein wenig unterschätzt im Busch-Memorial, aber der Erfolg fiel dort sehr überlegen aus. Zu den Geschlagenen in Krefeld zählten Savile Row, Fulminato, Shinzaro und Dia Del Sol, auch wenn manche sowohl am Rennverlauf als auch ihrer Unerfahrenheit scheiterten. Zudem profitierte der Suborics-Schützling vom Start vorher. Auf dem Papier die deutsche Nr. 1.

3. Empire Of The Star (Trainer Andreas Wöhler/Maxime Guyon): Zeigte zuletzt als Sieger und Zweiter zwei gute Leistungen auf den französischen Top-Bahnen in Chantilly und Maisons-Laffitte. So genau sind die Formen nicht einzuschätzen, das Pferd hinter dem Wöhler-Schützling in Maisons-Laffitte gewann danach in der französischen Provinz. Nach oben sollte der Siyouni-Sohn aber noch einige Reserven haben, zumal er in den letzten Rennen wichtige Erfahrungen sammelte.

4. Fulminato (Trainer Andreas Suborics/Jockey Filip Minarik): Eigentlich war er der höher eingeschätzte Starter aus dem Suborics-Quartier im Dr. Busch-Memorial. Doch im Rennen blieb er chancenlos als Fünfter, deutlich hinter dem Stallgefährten Dragon Lips. Zweijährig zeigte er seine beste Form als Zweiter im Winterfavoriten. Diese Leistung gibt ihm durchaus Möglichkeiten.

5. Lockheed (Trainer William Haggas/Jockey Pat Cosgrave): Starker Kandidat aus England, der im Vorjahr zur erweiterten Spitze des dortigen Jahrgangs zählte. Besonders der dritte Platz in den Vincent O’Brien-Stakes (Gruppe 1, Curragh) war bärenstark, denn es siegte der spätere englische 2000 Guineas-Triumphator Churchill. Der letzte Start 2016 in Newmarket über 1600 Meter verlief hingegen etwas enttäuschend. Der Schimmel gibt sein Jahresdebüt, Trainer Haggas hat seinen Stall gut in Schuss.

6. Poetic Dream (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Eduardo Pedroza): Zweiter Starter aus dem Wöhler-Quartier, die letzte Form war ein guter dritter Platz in Maisons-Laffitte. Sein Bezwinger Mankib lief danach unplatziert in den französischen 2000 Guineas. Die Düsseldorfer Siegform von Poetic Dream Ende März wurde durchaus aufgewertet. Jetzt muss er einen weiteren Sprung machen, vielleicht kommt der Klassiker noch etwas früh.

7. Rostam (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Jozef Bojko): Der dritte Aspirant aus dem Wöhler-Stall. Auf längerem Weg im Bavarian Classic ohne Chance, davor war er zweijährig bei drei Starts dreimal Zweiter. Es wäre eine große Überraschung, wenn der Hengst ausgerechnet in den 2000 Guineas seinen ersten Sieg feiern würde.

8. Savile Row (Trainer Erika Mäder/Jockey Koen Clijmans): Die Überraschung im Dr. Busch Memorial, als er mit gutem Speed noch auf Platz 3 stürmte. Das war beim bereits sechsten Start die bislang beste Leistung. Diese muss er jetzt bestätigen. Der Kolumnist ist ein wenig skeptisch und denkt, dass Savile Row eher ein Pferd für längere Wege ist.

8. Shinzaro (Trainer Dominik Moser/Jockey Oliver Wilson): Der Halbbruder des guten Shimrano scheiterte im Busch-Memorial am Rennverlauf und seiner fehlenden Rennerfahrung. Daraus wird er gelernt haben, dennoch sind die 2000 Guineas noch eine Nummer zu groß.

Urteil
Wenn ein englischer Top-Trainer wie William Haggas ein Pferd nach Deutschland schickt, dann verdient das große Beachtung. Bei Lockheed gibt es vielleicht kleine Fragezeichen wegen der Distanz, dennoch ist er ein klarer Siegkandidat. Ich werde trotzdem eine Zweierwette (natürlich hin und zurück) mit dem Haggas-Pferd und Dia Del Sol machen, der sich für sein Pech im Busch-Memorial rehabilitieren wird. Ansonsten sind noch Dragon Lips, Empire Of The Star und Fulminato Kandidaten für die vorderen Plätze.



Mittwoch, 17. Mai 2017
Peta macht jetzt auch Fernsehen
Rennpferde haben ein schlechtes Leben, leiden unter permanenten Stress und kommen als seelische und gesundheitliche Krüppel aus dem Trainingsbetrieb. Gequälte Geschöpfe, die unter anderem mit Scheuklappen, Zungenbändern und der Peitsche malträtiert wurden. Und natürlich dienen die Rennpferde nur der Profitmaximierung ihrer reichen Besitzer. Das ist kurz zusammengefasst die Kernbotschaft der Reportage „Das kurze Leben der Rennpferde“, die am Montag im NDR-Fernsehen lief.

Eigentlich ist der Freund des Galopprennsports ja froh, wenn sein Lieblingssport mal im TV vorkommt. Aber diese Sendung von den Autoren Antonia Coenen und Wilm Huygen war kein Aushängeschild des öffentlich-rechtlichen Journalismus. Im Gegenteil: Der Film war sehr tendenziös und schilderte nur die negativen Seiten des Galopprennsports.
Immerhin kamen auch Vertreter des Turfs zu Wort: Jan Anthony Vogel vom Direktorium für Vollblutzucht und Rennen (DVR), Philipp Heinz, Geschäftsführer des Kölner Renn-Vereins oder die Trainer Christian von der Recke und Markus Klug. Ist ja eine Grundtugend des Journalismus, ein Problem von beiden Sachen aufzubereiten. Doch Vogel, Heinz, von der Recke und Klug waren nur Staffage, ihre Aussagen wirkten nichtssagend und wurden teilweise hinterher von den Autoren widerlegt. Nicht gerade die feine Art, mit Gesprächspartnern umzugehen.
Dafür durfte Dr. Maximilian Pick, einst Rennbahn-Arzt in München und inzwischen so eine Art Chefkritiker des deutschen Turfs, seine Thesen verbreiten: Rennpferde laufen nur schnell, weil sie Angst haben. Sie haben psychische Schäden, weil sie 23 Stunden in der Box stehen und leiden unter der Boxenhaltung und und…. Diese Ausführungen blieben leider unkommentiert, die Gesprächspartner aus dem Turf kamen dazu nicht zu Wort.

Brutale Bilder
Zudem wurde die traurige Geschichte von Asantau erzählt. Einem Galopper, der einst 136.000 Euro (oder Pfund oder Guineas) auf der Auktion kostete, einmal als Zweijähriger für Trainer Markus Tregoning in England unplatziert am Start war und dann für kleines Geld zu Trainer Christian von der Recke ins Training kam. Dort gewann er zwei kleinere Rennen und kam dann als „völlig kaputtes Pferd“ zu seiner neuen Besitzerin Sabrina H. Wenn man der einmal glauben darf. Dazu gab es teilweise brutale Bilder von verunglückenden Pferden, von nervösen Zweijährigen, von arg schwitzenden Vollblütern vor der Startbox.
Ich gehe seit mehr als 30 Jahren auf Rennbahnen, aber diese Eindrücke sind doch zum Glück nicht die Norm. Aber wenn ich so etwas finden möchte, finde ich das auch. Macht die sogenannte Tierschutzorganisation PETA auch immer.
Angeblich haben die Autoren eine Saison lang recherchiert. Dass die meisten Pferde durchaus Spaß am Laufen haben, ist ihnen offenbar entgangen. Auch, dass Todesfälle zum Glück nicht die Regel sind.
Natürlich gibt es genügend Kritisches im deutschen und internationalen Turf. Gerade um die ausscheidenden Pferde und ihr Schicksal sollte sich die Branche mehr kümmern, das ist immer noch bei vielen ein Tabu-Thema.
Immerhin hat German Racing schnell reagiert und entsprechendes Material auf ihre Seite gestellt. Das ist positiv. Auch in den sozialen Netzwerken – zum Beispiel auf der Facebook-Seite des NDR – bekommt der Beitrag mehrheitlich harte Kritik. Ich empfehle zudem den Beitrag von Andrea Glomba, ehemalige Rennreiterin, auf Facebook. Da wird einiges zurecht gerückt.

Nachtrag
Wie die Autoren gearbeitet haben, zeigen zudem die Erfahrungen von Rebecca Danz. Kommentar überflüssig



Mittwoch, 10. Mai 2017
Keine Zukunft für Tuchel beim BVB
Offenbar kann sich Borussia Dortmund zur nächsten Saison einen neuen Trainer suchen. Das Verhältnis zwischen BVB-Chef Hans-Joachim Watzke und seinem Trainer Thomas Tuchel scheint nicht mehr zu kitten.

Eigentlich hätte die Welt sportlich beim Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund doch in Ordnung sein müssen. Platz 3 und damit die direkte Qualifikation für die Champions League nach dem 2:1 gegen den größten Konkurrenten TSG Hoffenheim in Reichweite, das DFB-Pokalfinale nach dem triumphalen Erfolg bei Bayern München erreicht. Und auch in der Champions League schlug sich der BVB als Viertelfinalist mit dem unglücklichen Ausscheiden gegen den starken AS Monaco durchaus achtbar.
Was also trieb BVB-Boss Hans-Joachim Watzke dazu, seinen Trainer Thomas Tuchel in einem Interview mit der WAZ anzuzählen? Zwar dezent, aber schon bestimmend – und das vor dem wichtigen Spiel gegen die TSG Hoffenheim. War es persönliche Eitelkeit, weil Watzke nach dem Anschlag auf dem BVB-Mannschaftsbus als herzloser Fußball-Kapitalist in der Öffentlichkeit galt? Denn er führte gemeinsam mit der UEFA das Viertelfinal-Hinspiel gegen Monaco planmäßig durch – am Tag nach dem Anschlag. Übungsleiter Tuchel hatte das heftig kritisiert, jedoch nur die UEFA genannt und nicht Watzke. Dafür bekam der oft reichlich verschroben wirkende Tuchel von den Medien große Anerkennung, Watzke war hingegen der Buhmann.
„Teilweise“ habe ihn das schon irritiert, sagte der BVB-Chef im WAZ-Interview. Intern sei alles besprochen worden und Tuchel informiert gewesen.
Der Konflikt liegt tiefer. Spannungen zwischen dem Borussen-Trainer und seinem Boss gibt es – wenn man den meisten Medien glauben darf – schon länger. Besser also zu diesem Zeitpunkt, die Trennung von Tuchel vorzubereiten. Denn wenn die Borussia das DFB-Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt gewinnt und Trainer und Mannschaft im Triumphzug durch Dortmund fahren, wird dieser Schritt in der Öffentlichkeit nur schwer zu verkaufen sein.


Betroffen: Thomas Tuchel auf der PK nach dem Anschlag auf den Bus und dem Heimspiel gegen Monaco

Licht und Schatten
Ich bin etwas zwiespältig in der Beurteilung von Thomas Tuchel. Sportlich war das erste Jahr ganz hervorragend, die fachliche Handschrift des Trainers und seines Teams waren deutlich erkennbar. Die Dortmunder steigerten sich spielerisch, nach den glorreichen Klopp-Jahren gab Tuchel neue Impulse. Wenn der FC Bayern im letzten Jahr nicht so gut gewesen wäre, wäre der BVB ein würdiger Deutscher Meister gewonnen.
Natürlich war der Schatten von Übertrainer Jürgen Klopp groß. Vom Typen sind die beiden eben grundverschieden – der „Menschenfänger“ Klopp, der offensiv auf die Leute zuging und damit schnell die Sympathien in Dortmund gewann, und der introvertierte Tuchel, der sich nie vor der Südtribüne feiern lassen würde.
In dieser Saison sieht die Situation anders aus. Das lag jedoch zum größten Teil nicht am Trainer, denn vor der Saison verlor der BVB mit Mats Hummels, Ilkay Gündogan und Hendrikh Mkhitaryan drei wesentliche Stützen der Mannschaft an noch finanzkräftigere Klubs wie den FC Bayern, Manchester City und Manchester United. Dass diese drei Pfeiler wegbrachen, traf nicht nur Thomas Tuchel hart.
Zumal die teuersten Neuzugänge wie Heimkehrer Mario Götze und Andre Schürrle schon wegen andauernder Verletzungen blass blieben. Auch der von Bayern München geholte Sebastian Rode enttäuschte und war zudem lange verletzt. Emre Mor und Mikel Merino waren eh‘ Investitionen für die Zukunft. So prägten nur der hochtalentierte Ousmane Dembele, der portugiesische Europameister Raphael Guerreiro und der von Barca geholte Marc Bartra (nach verständlichen Anfangsproblemen) das BVB-Spiel.
Die aktuelle Dortmunder Mannschaft hat einfach nicht die Klasse des Vorjahres. Sie ist talentiert, aber eben auch jung und unbeständig. In der Rückrunde liegt sie immerhin im Soll – siehe oben. Das spricht für den Trainer, der wie jeder andere auch Fehler gemacht hat.
Aber offenbar eskalierte das Ganze jetzt. Erstaunlicherweise sind die Zeitungen, die ich regelmäßig lese (Ruhr Nachrichten, kicker und Süddeutsche Zeitung), alle gegen Tuchel und für Watzke. Besonders die sonst so hochgeschätzte Süddeutsche Zeitung fällt mir da besonders auf. Man lese nur einmal diesen Text von Freddie Röckenhaus. Da wird noch mal kräftig nachgetreten. Aber SZ und kicker machten zuletzt auch Stimmung gegen Klopp. Also nichts Neues.