Donnerstag, 16. April 2015
Danke für eine geile Zeit, Jürgen Klopp
Irgendwie war es zu erwarten. Jürgen Klopp hört nach sieben überwiegend erfolgreichen Trainer-Jahren zum Saisonende bei Borussia Dortmund auf. Nach der Pressekonferenz am Mittwoch, auf der die Entscheidung verkündet wurde, herrscht in Dortmund der emotionale Ausnahmezustand. Die Ruhr Nachrichten, einzige noch ernstzunehmende Tageszeitung vor Ort, kam am Donnerstag mit acht Extraseiten heraus. Ausmaße wie bei einem neuen Papst – Fußball ist eben Religion in Dortmund.
Und vergessen wir mal die aktuelle Saison, in der auch Jürgen Klopp teilweise ratlos wirkte. Ansonsten waren es großartige Zeiten. Der Kolumnist geht seit 1976 regelmäßig zu den Heimspielen von Borussia Dortmund und hat schon einiges erlebt. Bittere Tage, aber auch Meisterschaften und großartige Trainer wie Ottmar Hitzfeld.
Aber die Zeit unter Klopp toppt sie alle, die Jahren von 2010 bis 2013 mit den zwei Meisterschaften und dem Champions League-Finale waren die beste Zeit meines Fan-Lebens. Zeiten, die nur schwer zu übertreffen sind.
Denn Borussia hatte ein Team, von dem der Fan träumt: jung, talentiert, technisch gut, angriffslustig. Der BVB rockte Deutschland und Europa. Darum danke für alles, Jürgen Klopp.

• Danke für das Ende der lethargische Zeiten unter Doll und co. Klopp kam, sah und siegte.
• Danke für diesen „begeisternden, hochintensiven Angriffsfußball“ (11 Freunde)
• Danke für unzählige großartige Spiele
• Danke, dass ich nach Heimspielen unzählige Mal ein großes Glücksgefühl hatte. Gute Laune, die noch Tage anhielt.
• Danke für die vielen guten Sprüche.
• Danke für einige große Siege gegen den FC Bayern. Die Rache des Rekordmeisters war bekanntlich schrecklich. Aber wir haben Hoeneß, Rummenigge und co. geärgert.
• Und zum Schluss danke für alle Emotionen. Keiner jubelt schöner. Das Video unten zeigt es noch einmal eindrucksvoll.



Ein Dank gilt auch Youtube-User Columbiana 1000. Tolles Video, saubere Arbeit.



Mittwoch, 15. April 2015
„Fatty“ Foulke und andere Torwart-Legenden
Torhüter und Linksaußen sind anders, lautet eine alte Fußballer-Weisheit. Beide sind Außenseiter im Team – beim Torwart verwundert dies nicht. Unterscheidet er sich doch schon farblich von seinen Kollegen und ist der einzige, der den Ball in die Hand nehmen darf. „Outsider“ hat der englische Autor Jonathan Wilson dann auch seine Geschichte des Torhüters genannt. Das Ergebnis ist eine spannende Studie zur Entwicklung des letzten Mannes.

Sonntagnachmittag, ein Spiel der Bezirksliga Westfalen Gruppe 8 zwischen Eintracht Dortmund und dem FC Nordkirchen aus dem Münsterland. Die Bezirksliga ist eine Spielklasse im Amateurfußball voller ambitionierter Spieler, die alle gut trainiert sind. Nur der Torhüter des FC Nordkirchen fiel ein wenig aus dem Rahmen: Denn er wirkte unter all den schlanken Spielern wie ein Fremdkörper, sein großer Bauch spannte gewaltig unter dem Trikot. Doch die Leibesfülle hinderte den Schlussmann nicht an guter Leistung: Er machte einen sehr sicheren Eindruck, bei zwei Schüssen zeigte er hervorragende Reflexe. Und der Mann ist immerhin Stammtorhüter und keine Aushilfe aus dem Alte Herren-Team.
Torhüter sind eben anders: Auch William Foulke war kein schlanker Mann, am Ende seiner Karriere soll er bei einer Größe von 1,93 Metern satte 178 Kilogramm gewogen haben. Kein Wunder, dass man ihn „Fatty“ nannte. Doch „Fatty“ Foulke (geboren 1874) war einer der herausragenden Torhüter in den Anfangsjahren des englischen Profifußballs, spielte für Sheffield United und später für Chelsea.
„Foulke war vielleicht nicht sonderlich beweglich, dafür aber mit scharfen Reflexen und gewaltiger Kraft gesegnet“, schreibt Jonathan Wilson. Außerdem sei er ein „charismatischer Exzentriker“ gewesen. „Die Zuschauer liebten ihn wegen seiner Unberechenbarkeit und weil er ihnen das Gefühl vermittelte, dass er Fußball nicht allzu große Bedeutung beimaß.“

Jaschin, Grosics, Banks
Es sind diese Geschichten, die Outsider so lesenswert machen. Wilson hat intensiv recherchiert – von den Anfängen mit „Fatty“ Foulke und anderen englischen Torhüterlegenden über den großen Lew Jaschin und andere bekannte Goalies der Frühzeit.
Schon früh gab es Veränderungen im Spiel des letzten Mannes. Der mitspielende Torhüter taucht auf – Wilson beschreibt ausführlich Gyula Grosics, den ungarischen Torhüter aus dem WM-Finale 1954, und Rene Higuita, Kolumbiens berühmten Exzentriker.
Der Mitteleuropäer staunt, dass der beste Torhüter der Welt einst aus England kam. Gordon Banks hieß der gute Mann, stand im Finale 1966 gegen Deutschland im Tor. Der Kolumnist aber kann sich eher seine Nachfolger Ray Clemence und Peter Shilton erinnern. Das waren gute Schlussleute, später wurde es im englischen National-Gehäuse immer schlechter.
Natürlich fehlen Südamerika und Afrika nicht. „Sündenböcke und Fliegenfänger“ nennt Wilson sein Kapitel über Torhüter in Brasilien, in Afrika stehen die Schlussleute aus Kamerun im Focus.
Ein wenig schwächer wird es im aktuellen Bereich und auch die deutsche Torhütergeschichte geht in dem Kapitel Giganten etwas unter. Das hätte sich der Kolumnist etwas ausführlicher gewünscht, dennoch geht der Daumen hoch: Ein sehr empfehlenswertes Werk.

Jonathan Wilson, Outsider: Eine Geschichte der Torhüter



Montag, 13. April 2015
Fast alles gut nach dem National 2015
Die beste Nachricht nach dem Grand National 2015: Es gab keine tödlichen Unfälle, Pferde und Jockeys kamen einigermaßen unversehrt aus dem Rennen. Auch der heftig gestürzte Balthazar King macht nach Aussage seines Trainers Philip Hobbs Fortschritte. Mit Many Clouds gewann ein Pferd mit den besten Vorleistungen, leider auch von dieser Kolumne heftig unterschätzt. Jockey Leighton Aspell feierte sogar seinen zweiten Erfolg in Serie.

Das Grand National polarisiert: Auch in Deutschland wird und wurde das Rennen zum Beispiel auf Facebook heftig diskutiert. Viele sind dagegen, weil es zu gefährlich sei und zu viele Pferde stürzen. Allerdings: Auch 2015 musste kein Pferd seinen Einsatz mit dem Leben bezahlen. Es war das dritte Jahr in Folge ohne schwere Unfälle. Das hängt auch damit zusammen, dass nach dem fatalen Rennen 2012 die Hindernisse entschärft wurden.
In diesem Jahr kamen 19 der 39 Pferde ins Ziel. Neun wurden angehalten, elf fielen bzw. warfen ihren Reiter ab. Die schwerste Verletzung zog sich der Mitfavorit Balthazar King zu, der sich mehrere Rippen brach und in die Tierklinik nach Liverpool gebracht wurde. Doch auch ihm geht es nach Aussage seines Trainers Philip Hobbs besser.

Kein Happy-End für Mc Coy
Bei Many Clouds, dem späteren Gewinner, dachte ich vorher, warum muss so ein hochklassiges Pferd in so einem schweren Rennen ran. Ein Kandidat, der irgendwann in den nächsten Jahren den Gold Cup in Cheltenham, das wichtigste Jagdrennen in England und Irland, gewinnen wird. Da bin ich mir sicher. Doch jetzt musste er mit Höchstgewicht in einer hochgefährlichen Aufgabe ran. Auf nicht passendem Boden.
Doch Many Clouds ignorierte meine Bedenken und sprang die schweren Hindernisse wie kleine Hürden. Leighton Aspell hatte den Wallach immer im Vorderfeld platziert. Saint Are lieferte zwar lange Widerstand, doch am Ende setzte sich das Stehvermögen des Siegers durch.
„Ich hatte eigentlich nichts mit ihm nach dem Gold Cup gemacht. Auch nicht über ein National-Hindernis geschult“, sagte sein Trainer Oliver Sherwood. Im Gold Cup lief er schwach. Und Sherwood dachte, dass Many Clouds eigentlich noch ein Jahr zu jung für diese schwere Aufgabe sei. Doch Besitzer Trevor Hemmings, eine der größten Patrone im englischen Hindernissport und ein großer Anhänger des Nationals, dachte anders und behielt Recht.
Damit war es nichts mit dem Grand National-Triumph für Champion Jockey Tony Mc Coy zum Abschied seiner großartigen Karriere. Shutthefrontdoor hatte zwar ein gutes Rennen, doch am Ende fehlten die letzten Körner und es wurde Platz 5. Alvarado, ein Tipp dieser Kolumne, hüpfte sicher über die Hindernisse und machte auf den letzten Metern noch richtig Boden gut. Aber leider zu spät, Platz 4 und dennoch eine tolle Leistung.
Aus deutscher Sicht ist der Status des Grand National unglaublich. Man sieht die vollen Ränge, man staunt über die umfangreichen Vorschauen in den englischen Zeitungen und bewundert die aufwendigen Fernsehübertragungen von Channel 4 (nur den Modetypen hätten sie zuhause lassen können) und Racing UK. Und der Beobachter muss leider wieder feststellen, welch ein Entwicklungsland Deutschland doch in Sachen Turf-Medienpräsenz ist.

Freud und Leid
8,8 Millionen Zuschauer schauten das Rennen am Samstag bei Channel 4. Sonst gucken nicht so viele Pferderennen auf der Insel – der National hat auch hier einen Sonderstatus. „Die meisten der Zuschauer denken nicht an Galopprennen bis zum nächsten Grand National“, schreibt Greg Wood im Guardian.
Nicht so toll ist, dass zwei Pferde im Rahmenprogramm nach Stürzen ihr Leben ließen. Der talentierte Seedling war nach seinem Sturz im ersten Rennen am Samstag nicht zu retten, der auch von dieser Kolumne hoch geschätzte Balder Succes fiel fatal am Freitag. Das waren Stürze über normale Hindernisse. Es bleibt ein gefährlicher Sport.
Ansonsten aber konnte sich der Kolumnist freuen. Weil sich Vorbereitung doch lohnt und das Formbuch doch Recht hat. Tagliatelle bestätigte seine gute Form aus Cheltenham und gewann am Donnerstag auf etwas längerer Distanz. Am Samstag kam sogar die Siegschiebe-Wette mit Sizing Granite und Aintree-Spezialist Whisper an. Nur der Treffer im National fehlt immer noch.