Donnerstag, 1. Februar 2018
Bryony Frost rockt die Hinderniswelt
Nicht nur James Bowen glänzte in den letzten Wochen im englischen Hindernissport. Bryony Frost sorgt seit November ebenfalls für Aufsehen. Am letzten Wochenende feierte die Nachwuchsreiterin ihren nächsten großen Erfolg und gewann mit Frodon aus dem Stall von Trainer Paul Nicholls die Crest Nicholson Handicap Chase (Gruppe 3) in Cheltenham, das beste Wett-Rennen der Veranstaltung.

Eigentlich brauchen sich weibliche Jockeys um ihre Zukunft im Rennsport keine Sorgen machen. „Einen weiblicher Champion Jockey kann es in den nächsten fünf Jahren geben“, erklärte Nick Rust in dieser Woche optimistisch. Der Geschäftsführer der British Horseracing Association (BHA) reagierte damit auf eine akademische Studie des Northern Racing College. Autorin Vanessa Cashmore kam zu dem Ergebnis, dass Frauen im Rennsattel die gleichen Fähigkeiten wie ihre männlichen Kollegen haben. Näheres zur Studie gibt es hier.
Grau ist alle Theorie und im wirklichen Leben tun sich Frauen auch im konservativen englischen Hindernissport schwer. Dabei war der letzte Samstag die beste Werbung für den weiblichen Nachwuchs: Lizzie Kelly triumphierte mit Agrapart in der Gruppe 2-Cleeve Hurdle und eben Bryony Frost siegte überlegen in der Crest Nicholson Handicap Chase.
„Er gab mir einen Traumritt“, sagte Frost nach dem Erfolg mit Frodon und sprach von einem Privileg, ein Pferd zu reiten, das so gut über den Berg in Cheltenham komme.
In der Tat: Der Sieger aus dem Nicholls-Quartier dürfte noch einiges an Reserven haben, zeigte sich in diesem Feld voller etablierter Handicap-Pferde hochüberlegen und gewann auf schwerem Boden leicht.
Aber die 22jährige Frost bewies auch hier, dass sie ein gutes Gefühl für ihre vierbeinigen Partner hat. Denn sie hielt Frodon immer im Vorderfeld, platzierte ihn ökonomisch innen und entlockte ihm die entscheidenden Reserven.
Der jungen Reiterin wird dieser Erfolg quasi im Schongang gut getan haben, denn in der Woche vor Cheltenham lag sie mit einer Grippe daheim. Ihr Vater Jimmy Frost, ehemaliger Hindernisjockey und jetziger Trainer, brachte sie laut Racing Post mit einer Mischung aus matschigen Bananen, Eiscreme und „Golden Syrup“ wieder auf die Beine.
Frodon folgte Milansbar, Present Man und Black Corton (mit dem sie insgesamt sechs Mal gewann) – mit diesen Pferden siegte Frost in bedeutenden Rennen. Natürlich profitierte sie in den meisten Fällen auch von ihrer Erlaubnis, aber deshalb ist sie nicht vorne. Die Pferde vertrauen ihr und ihren Fähigkeiten. Das ist zumindest mein Eindruck.

Ein glücklicher Besitzer
Zum Beispiel Milansbar, der Gewinner der Classic Chase in Warwick am 13. Januar in Warwick. Der Milan-Sohn ist ein bewährter Steher, hat inzwischen über 140 000 Pfund an Preisgeld verdient und wird trainiert von Neil King. Aber Lust zu laufen hat er nicht immer. Eine Woche vorher im Welsh National blieb er mit Jockey Trevor Whelan – der mit dem Wallach immerhin gewonnen hatte und auch sonst ein hervorragender Mann ist – stets im Hintertreffen, am 12. Hindernis warf er dann seinen Jockey ab.
Eine Woche später sah die Rennwelt einen ganz anders aufgelegten Milansbar. Mit Bryony Frost sprang er tadellos und gewann letztlich auf schwerem Boden erstaunlich leicht. Sein 80jähriger Besitzer Robert Bothway, der seit über 50 Jahren Rennpferde hält, erlebte seine größte Stunde im Turf. „Brillante Arbeit, absolut erste Klasse“, lobte er den Ritt von Frost. Er wäre hocherfreut, wenn sie Milansbar im Grand National in Aintree reiten würde.



Sehr interessante Doku über Byrony Frost nach ihrem Erfolg mit Pacha Du Polder in Cheltenham. Unter anderem kommen Vater Jimmy, Mutter Nikki und Bruder Hadden zu Wort

Das ist schon eine knackige Karriere, die Frost in den letzten Monaten machte. Im März 2017 rückte sie durch den Erfolg mit Pacha Du Polder in der Foxhunters Chase in Cheltenham erstmals ins Blickfeld der weiten Öffentlichkeit. Bryony Frost genießt sichtlich ihre Erfolge, ihre Freude nach Siegen wirkt selbst am PC-Bildschirm ansteckend.
„Du bist das kleine Mädchen aus Devon und auf einmal schreien alle deinen Namen. Das ist so, als wenn die Zuschauer die Pferde mit dir reiten und ebenso aufgeregt nach dem Erfolg sind“, sagt sie. Selbst nach Niederlagen rufen die Zuschauer ihren Namen. „Das ist so cool, ich liebe es, mich mit jedem zu unterhalten.“
Natürlich werden Rückschläge kommen, wird auch Frost nicht immer nur gewinnen. Verletzungen werden nicht ausbleiben, vielleicht wird sie irgendwann vorsichtiger in der Öffentlichkeit werden. Aber derzeit ist Bryony Frost mit ihrer Offenheit und frischen Art eine famose Botschafterin für den Hindernissport. Und vielleicht wird sie wirklich mal Champion.