Mittwoch, 29. April 2015
Lahm und Alonso rutschen ins schwarz-gelbe Glück
Nicht nur die Engländer haben Probleme mit den Elfmetern. Auch dem großen FC Bayern München widerfuhr ähnliches Leid am Dienstag im Halbfinale des DFB-Pokals. Lahm und Xabi Alonso schossen über das Tor und rutschten dabei mysteriös weg, Götze scheiterte an BVB-Keeper Mitch Langerak und Neuer ballerte gegen die Latte. Bei Borussia Dortmund trafen hingegen Gündogan und Kehl, Neuer hielt nur den Strafstoß von Hummels. Damit hatte der BVB die Sensation geschafft und zog nach einem 1:1 nach Verlängerung und einem 2:0 im Elfmeterschießen ins DFB-Pokalfinale ein.

Fußball ist schon ein komischer Sport. Bis zur 75. Minute wirkte Borussia Dortmund an diesem Abend in der Münchner Arena ziemlich chancenlos. Nun war es nicht so, dass die Bayern viele Torchancen hatten und ein offensives Spektakel wie gegen Porto boten. Aber der frisch gekürte Deutsche Meister schaffte es immer wieder, Nadelstiche über ihre starken Außen zu setzen.
Und sie führten 1:0 – ausgerechnet durch Lewandowski und durch ein selten dämliches Tor. Denn da hatte der BVB mal eine gute Offensivaktion, doch Kagawas Pass war viel zu kurz und wurde abgefangen. Die Bayern konterten: Ex-Borusse Lewandowski traf erst die Querlatte; der Nachschuss trudelte zwischen Langerak und Sokratis ins Tor.
Dortmund presste zwar stark, aber ohne Erfolg. Bayern hatte gefühlte 80 Prozent Ballbesitz und wenn die Borussia mal nach vorne spielte, dann war der Pass schlampig und kam nicht an. Oder die Stürmer verloren den Ball. In den ersten 75 Minuten hatte ich den Eindruck, dass Dortmunds Offensivkräfte Aubayemang, Reus und Kagawa keinen einzigen Zweikampf gewonnen hatten.
Der BVB, dachte ich, mag zwar Mannschaften wie Paderborn und Frankfurt schlagen, aber gegen die Top-Teams wie Bayern München reicht die Klasse einfach nicht. Dazu nervte der ARD-Kommentator Gerd Gottlob, der an diesem Abend – trotz norddeutscher Herkunft – scheinbar ein Bayern-Trikot trug und manche Münchner Aktionen peinlich hoch lobte. Obwohl er – zugegeben - manche Schwäche im BVB-Spiel durchaus treffend analysierte.

Langerak bewirbt sich
Doch alles wurde gut: Großartiger Pass von Blaszczykowski auf Mkhirtaryan, ebenso stark dessen Vorarbeit und Aubayemang schloss artistisch zum 1:1 ab. Danach war es ein Spiel auf Augenhöhe: Borussia erarbeitete sich Torchancen, Marco Reus kam besser in die Partie und der eingewechselte Henrikh Mkhirtaryan zeigte eindrucksvoll, welch großartiger Fußballer er doch sein kann, wenn es mal läuft bei ihm.
Es ging in die Verlängerung und Borussia rettete das Unentschieden auch mit 10 Mann nach Kampls gelb-roter Karte ins Elfmeterschießen. Ein Grund war Torhüter Mitch Langerak, der einige Male großartig parierte. Mit seiner Vorstellung bewarb sich der Australier eindrücklich für die Nachfolge von Roman Weidenfeller im BVB-Tor.
Im Elfmeterschießen musste aber Langerak nur einmal gegen den ehemaligen Kollegen Götze retten. Der Rest siehe oben – Erinnerungen an Ex-Bayern-Manager Uli Hoeneß und seinen Elfmeter-Fehlschuss in den Nachthimmel von Belgrad wurden wach.
Was bleibt also nach diesem Zittersieg für den BVB? Die Optionen auf einen Titel und internationalen Fußball in der Europa League bleiben trotz verkorkster Saison. Zudem sind die Chancen auf ein Abschiedscorso von Jürgen Klopp am Dortmunder Borsigplatz gestiegen.
Außerdem zeigte das Spiel, dass die Borussia mit jedem Gegner mithalten kann. Aber zu häufig wirkte das Team in dieser Saison völlig leblos, auch in München war der BVB lange Zeit deutlich unterlegen und wirkte mutlos.

Barca
Und was bleibt für Bayern München? Erst einmal Glückwünsche auch von dieser Kolumne zur souveränen Meisterschaft. Das aktuelle Team ist die stärkste Bayern-Mannschaft, die ich je erlebt habe. Und ich habe schon unter mancher Truppe des Rekordmeisters gelitten.
Mit dem Dreifach-Triumph Meisterschaft, Pokal und Champions League wird es nun aber nichts. In der Champions League kommt der FC Barcelona; ein Wiedersehen für Pep Guardiola mit dem Verein, bei dem er die meiste Zeit seiner Laufbahn als Spieler und Trainer verbracht hat. In meinen Augen ein Duell auf Augenhöhe, in dem die Tagesform entscheiden wird.
Wenn die Bayern aber verlieren, werden die Diskussionen wieder losgehen. Um Pep und seine Taktik, um die Qualität einiger Spieler etc. Da ist es völlig egal, wie überlegen der nationale Titel ausfiel. So ist das in München – die Ansprüche sind dort ähnlich wie in Madrid oder Barcelona. Nur der nationale Titel reicht nicht aus.



Erinnerungen werden wach: Ex-Bayern-Manager Uli Hoeneß schießt im EM Finale 1976 seinen Elfmeter in den Belgrader Nachthimmel