Die beste Nachricht nach dem Grand National 2015: Es gab keine tödlichen Unfälle, Pferde und Jockeys kamen einigermaßen unversehrt aus dem Rennen. Auch der heftig gestürzte Balthazar King macht nach Aussage seines Trainers Philip Hobbs Fortschritte. Mit Many Clouds gewann ein Pferd mit den besten Vorleistungen, leider auch von dieser Kolumne heftig unterschätzt. Jockey Leighton Aspell feierte sogar seinen zweiten Erfolg in Serie.
Das Grand National polarisiert: Auch in Deutschland wird und wurde das Rennen zum Beispiel auf Facebook heftig diskutiert. Viele sind dagegen, weil es zu gefährlich sei und zu viele Pferde stürzen. Allerdings: Auch 2015 musste kein Pferd seinen Einsatz mit dem Leben bezahlen. Es war das
dritte Jahr in Folge ohne schwere Unfälle. Das hängt auch damit zusammen, dass nach dem
fatalen Rennen 2012 die Hindernisse entschärft wurden.
In diesem Jahr kamen 19 der 39 Pferde ins Ziel. Neun wurden angehalten, elf fielen bzw. warfen ihren Reiter ab. Die schwerste Verletzung zog sich der Mitfavorit Balthazar King zu, der sich mehrere Rippen brach und in die Tierklinik nach Liverpool gebracht wurde. Doch auch ihm geht es nach
Aussage seines Trainers Philip Hobbs besser.
Kein Happy-End für Mc Coy
Bei
Many Clouds, dem späteren Gewinner, dachte ich vorher, warum muss so ein hochklassiges Pferd in so einem schweren Rennen ran. Ein Kandidat, der irgendwann in den nächsten Jahren den Gold Cup in Cheltenham, das wichtigste Jagdrennen in England und Irland, gewinnen wird. Da bin ich mir sicher. Doch jetzt musste er mit Höchstgewicht in einer hochgefährlichen Aufgabe ran. Auf nicht passendem Boden.
Doch Many Clouds ignorierte meine Bedenken und sprang die schweren Hindernisse wie kleine Hürden. Leighton Aspell hatte den Wallach immer im Vorderfeld platziert.
Saint Are lieferte zwar lange Widerstand, doch am Ende setzte sich das Stehvermögen des Siegers durch.
„Ich hatte eigentlich nichts mit ihm nach dem Gold Cup gemacht. Auch nicht über ein National-Hindernis geschult“, sagte sein Trainer Oliver Sherwood. Im Gold Cup lief er schwach. Und Sherwood dachte, dass Many Clouds eigentlich noch ein Jahr zu jung für diese schwere Aufgabe sei. Doch Besitzer Trevor Hemmings, eine der größten Patrone im englischen Hindernissport und ein großer Anhänger des Nationals,
dachte anders und behielt Recht.
Damit war es nichts mit dem Grand National-Triumph für Champion Jockey Tony Mc Coy zum Abschied seiner großartigen Karriere.
Shutthefrontdoor hatte zwar ein gutes Rennen, doch am Ende fehlten die letzten Körner und es wurde Platz 5.
Alvarado, ein Tipp dieser Kolumne, hüpfte sicher über die Hindernisse und machte auf den letzten Metern noch richtig Boden gut. Aber leider zu spät, Platz 4 und dennoch eine tolle Leistung.
Aus deutscher Sicht ist der Status des Grand National unglaublich. Man sieht die vollen Ränge, man staunt über die umfangreichen Vorschauen in den englischen Zeitungen und bewundert die aufwendigen Fernsehübertragungen von Channel 4 (nur den Modetypen hätten sie zuhause lassen können) und Racing UK. Und der Beobachter muss leider wieder feststellen, welch ein Entwicklungsland Deutschland doch in Sachen Turf-Medienpräsenz ist.
Freud und Leid
8,8 Millionen Zuschauer schauten das Rennen am Samstag bei Channel 4. Sonst gucken nicht so viele Pferderennen auf der Insel – der National hat auch hier einen Sonderstatus. „Die meisten der Zuschauer denken nicht an Galopprennen bis zum nächsten Grand National“, schreibt Greg Wood im Guardian.
Nicht so toll ist, dass zwei Pferde im Rahmenprogramm nach Stürzen ihr Leben ließen. Der talentierte
Seedling war nach seinem Sturz im ersten Rennen am Samstag nicht zu retten, der auch von dieser Kolumne hoch geschätzte
Balder Succes fiel
fatal am Freitag. Das waren Stürze über normale Hindernisse. Es bleibt ein gefährlicher Sport.
Ansonsten aber konnte sich der Kolumnist freuen. Weil sich Vorbereitung doch lohnt und das Formbuch doch Recht hat.
Tagliatelle bestätigte seine gute Form aus Cheltenham und gewann am Donnerstag auf etwas längerer Distanz. Am Samstag kam sogar die Siegschiebe-Wette mit
Sizing Granite und Aintree-Spezialist
Whisper an. Nur der Treffer im National fehlt immer noch.