Cheltenham, Haydock, Ascot oder Newbury – die englisch/irische Hindernissaison 2014/2015 hat im November richtig Tempo aufgenommen. Diese Kolumne ist bekanntlich ein großer Freund des Hindernissports. Flachrennen haben ja auch durchaus etwas, aber so ein Hindernisrennen hat doch einen ganz anderen Spannungs-Charakter. Da geht das Herz bei jedem Sprung mit, dagegen ist der Sport auf der Flachen doch eher Kindergeburtstag. Daher gibt es auf diesen Seiten bis April jetzt immer so eine Art personifizierte Bilanz des Monats. Wer stand im November 2014 im Fokus – ob Pferd, Jockey oder Trainer? Wer setzte Akzente? Die Auswahl ist natürlich völlig subjektiv. Wer übrigen in diesem Sport nicht so fit ist, dem empfehle ich dieses Video. Ist auf Englisch, klärt alle wichtigen Fragen.
Die Kandidaten im November
Philip Hobbs (Trainer): Er steht ein wenig im Schatten von Trainerkollegen wie Paul Nicholls oder Nicky Henderson, dennoch mischt Philip Hobbs schon seit Jahren in der Eliteetage der englischen National Hunt-Trainer mit. Und diesen Herbst wird auch ein erfahrener Mann wie er, der seit 1985 im Geschäft ist und über 2000 mal erfolgreich in Hindernisrennen war, so schnell nicht vergessen.
Erst gewann im Oktober der aus deutscher Zucht stammende
Big Easy das prestigereiche Caesarewitch-Handicap auf der Flachen, dann triumphierte der unverwüstliche
Menorah in der Charlie Hall Chase in Wetherby, einer Grade 2-Prüfung.
Die gute Stallform setzte sich beim Open Meeting in Cheltenham fort: Sechs Mal hatten die Hobbs-Schützlinge in den gut besetzten Prüfungen dort die Nase vor. Drei davon waren Grade-Erfolge. Und auch in den letzten Wochen gab es schöne Siege und Platzierungen – nur der von mir favorisierte
Fingal Bay kam im Hennessy nicht an.
„Er erlaube keinem Besitzer, mehr als sechs Pferde in seinem Stall zu haben“,
verriet einmal Philip Hobbs Alan Lee, dem Renn-Korrespondenten der englischen
Times. Denn ein zu dominanter Besitzer schüchtere kleinere Besitzer ein. Mit dieser Devise fährt Hobbs offenbar sehr gut.
Richard Johnson (Jockey): Auch Stalljockey Richard Johnson leistete seinen Beitrag zu den Erfolgen des Hobbs-Team und lieferte einige
großartige Ritte wie den auf
Garde La Victoire in Cheltenham ab. Das war eine starke Vorstellung von der Spitze. Aber Johnson ist der klassische Allrounder, der alle taktischen Varianten des Rennreitens beherrscht – auch wenn andere spektakulärer oder energischer wirken.
Seit 2000 reitet er für den Hobbs-Stall und gewinnt in jeder Saison deutlich mehr als 100 Rennen im Jahr. 2009 feierte er seinen 2.000 Erfolg im Hindernissport, nur ein gewisser A P Coy siegte mehr. „Er ist ein netter Kerl und ein großartiger Jockey“,
zitierte diese Kolumne 2009 den Kollegen und Kontrahenten. Altmeister Peter Scudamore adelte Johnson gar als Renn-Genie. Recht haben sie beide – Mc Coy und Scudamore.
Neil Mulholland (Trainer): Seitdem ein gewisser
Midnight Chase vor einigen Jahren mehrfach grandios in Cheltenham triumphierte (und der Kolumnist diesen gewettet hatte), verfolge ich die Laufbahn von Trainer Neil Mulholland mit viel Sympathie. Jetzt hat er mit
The Druids Nephew und
The Young Master zwei Pferde haben, die für ähnlichen Wirbel sorgen könnten wie der eisenharte Cheltenham-Spezialist.
The Druids Nephew kam von Trainer Andrew Turnell und steigerte sich im neuen Quartier enorm. Nach einem leichten Sieg gegen allerdings schwache Konkurrenz bot der King’s Theatre-Sohn eine ganz starke Vorstellung in der Murphy Group Handicap Chase in Cheltenham und wurde Zweiter. 14 Tagen später fiel sein Wettkurs im Hennessy von Minute zu Minute, doch letzlich blieb er chancenlos.
Young Master gewann seine ersten drei Jahren über die Jagdsprünge und zeigte viel Talent. Besonders der Erfolg in der gutdotierten Badger Ales Trophy in Wincanton war grandios.
Den Wermutstropfen gab es postwendend: Das Pferd wurde disqualifiziert, weil es erst zwei Jagdrennen bestritten hatte, in den Rennunterlagen aber drei gefordert waren. Dumm gelaufen auf allen Seiten. Aber Young Master bleibt ein hochinteressanter Kandidat für bessere Prüfungen.
Hurricane Fly: Da wurde es richtig laut beim Zieleinlauf der Morgiana Hurdle im irischen Punchestown:
Hurricane Fly rang auf den letzten Metern
Jezki nieder. So wie es Hurricane Fly und Ruby Walsh in ihrer Partnerschaft schon häufig praktiziert hatten. Nur zuletzt hatten sie zweimal gegen Jezki das Nachsehen gehabt und viele dachten, dass sich die grandiose Karriere des Montjeu-Sohns langsam dem Ende zuneigt.
10 Jahre alt ist Hurricane Fly inzwischen, lange Zeit war er der beste Hürdler in England und Irland. Seine Bilanz ist herausragend: 19 Starts und nur drei Niederlagen, zwei davon in Cheltenham. Doch der alte Mann lebte noch, darum tobte das Publikum an diesem Sonntag in Punchestown. Und sein Trainer Willie Mullins ist auch in diesem Jahr für die besten Hürdenrennen sehr gut gerüstet - natürlich nicht nur durch den Morgiana-Sieger.
Coneygree: Natürlich profitierte er vom Pech seines Kontrahenten
Saphir Du Rheu, dennoch war das ein überzeugender Sieg von
Coneygree in der Fuller's London Pride Novices' Chase (Grade 2) in Newbury. Nach einer Pause von 671 Tagen präsentierte sich der Halbruder des Hennessy-Siegers
Carruthers sehr souverän, sprang gut, auch wenn er manchmal etwas übermütig wirkte. Und wie sein Bruder, der quasi Kultcharakter genießt, lief Coneygree von der Spitze aus und bestimmte den Rennverlauf.
Schon als Hürdler zählte Coneygree zur Jahrgangsspitze, gewann zwei Grade 2-Rennen, doch dann stoppte eine Verletzung weitere Pläne. Jetzt soll es über die großen Sprünge weiter gehen. Dennoch ist man ein wenig frustriert im Lager von Trainer Mark Bradstock: „Wir kaufen diese billigen Pferde, schlagen die großen Trainer und haben trotzdem nur zwölf Pferde“,
sagte Sarah Bradstock, Ehefrau des Trainers.