Hellas Verona ist wieder da. Zumindest da, wo sie nach Einschätzung ihrer Anhänger hingehören – in die Serie A, Italiens oberste Fußballklasse.
Hinter den Hellas-Fans liegen Jahre des Leidens: Bis in die dritte Liga stürzte ihr Klub ab. Zu allem Überfluss etablierte sich der Ortsrivale Chievo Verona in der Serie A. Welch eine Demütigung, der kleine Vorortverein lief dem großen Rivalen einfach den Rang ab.
Positive Schlagzeile macht der Verein aus Norditalien, als er 1985 den Großen des italienischen Fußballs – Inter, Milan, Juve, Roma, Lazio – eine lange Nase zeigte und Champion wurde. Mit dabei unter anderem Hans-Peter Briegel, die berühmte Walz aus der Pfalz. Maßgeblich beteiligt war zudem der wuchtige Däne Preben Elkjaer Larsen, der eindrucksvoll bewies, dass Nikotin und Spitzenfußball keine unüberbrückbaren Gegensätze sind.
Manche kennen Hellas Verona jedoch durch eine andere Tatsache: Teile seiner Fanszene zählten bzw. zählen zur rechten Szene in Italien. So gehörten in den neunziger Jahren die Urwald- und Affenlaute, wenn ein andersfarbiger Spieler den Ball hatte, zum Standard der Hellas-Fankurve. Weitere Hintergründe liefert dieser Artikel aus dem österreichischem
Ballesterer. Und auch
heute gehören rassistische Sprechchöre offenbar noch zum Repertoire vieler Fangruppen.
Doch Hellas ist nicht nur Rassismus und rechte Fans. Eines der besten Fußballbücher aller Zeiten beschäftigt sich ausgiebig mit dem Verein und seinen Anhängern. „Eine Saison mit Verona“, nannte der englische Autor Tim Parks sein Werk und reiste dafür eine Saison lang mit den Fans der „Gialloblu“ von Spiel zu Spiel.
Parks, der in Verona lebt und ansonsten ganz andere Sachen schreibt, wollten einen Einblick in die italienische Seele bekommen – und da bot sich der Fußball an. Denn im Lande dreier täglich erscheinender Sportzeitungen scheint dieser das wichtigste für viele Menschen.
Die italienische Seele
Das Ergebnis ist ein Werk, das über weite Strecken süchtig macht. Erst einmal ist es wunderbar lebendig geschrieben. Wer selbst Fan einer Mannschaft ist, kann vieles nachvollziehen. Eine Saison gleicht fast immer einer Achterbahnfahrt – Freude und Jubel, aber auch Trauer und Depression. Und dann ist das Buch auch noch sehr witzig.
„Eine Saison mit Verona“ ist eine großartige Mischung aus Reisebeschreibung und Fußballreportage. Es ist eine Reise in die italienische Mentalität – die Liebe zum Fußball, die Liebe zum Verein, aber auch die strikte Rivalität zwischen Nord- und Süditalien.
Natürlich gibt es bei über 600 Seiten ein paar Längen, aber über weite Strecken ist es richtig packend. Parks nähert sich den Fans mit viel Verständnis, stellt sie aber nie bloß, bleibt immer distanziert und wachsam.
Natürlich spielt das Thema Rassismus eine Rolle. Doch auch hier wertet Parks nicht, bleibt scharfsinniger Beobachter.
„Wenn Pastorello (der damalige Präsident) einen Schwarzen kauft, bringen wir ihn um. Dann zerreiße ich meine Jahreskarte. Wir wollen nichts mit Negern zu schaffen haben“, zitiert der Autor einen Beitrag aus einem Hellas-Forum.
Doch dann schreibt Parks weiter:
„Und doch rasen sie vor Wut, wenn die Presse ihnen einen rassistischen Übergriff anhängt, wenn man ihnen vorwirft, tatsächlich etwas getan zu haben. Dann sind sie augenscheinlich davon überzeugt, dass solche Anforderungen Teil einer Kampagne sind, die zum Ziel hat, sie und ihre Stadt in den Dreck zu ziehen. Und das könnte sogar die Ergebnisse der Mannschaft beeinflussen……“
Manchmal nervt der Autor etwas, wenn er seine akademische Bildung in den Vordergrund stellt. Das sind zum Glück nur wenige Seiten, dafür bietet das Buch wieder anderen Nutzwert. Zum Beispiel kennt der Leser nach der Lektüre eine ganze Menge italienischer Schimpfwörter.
„Facci sognare“ beginnt das Buch. „Mach uns träumen. Bitte!“ In der Serie A, 2013/2014.