Nach 25 Erfolgen in Serie ist Schluss: Black Caviar, Sprinterin aus Australien, beendet ihre großartige Karriere ungeschlagen. Der Ruhestand sei ihr gegönnt, dennoch schade: Ich hätte sie gerne noch einmal in Europa gesehen
Zugegeben, so viel weiß man hier in Deutschland nicht über Galopprennen in Australien. Anfang November schaue ich immer neidisch auf den fünften Kontinent, wenn beim Melbourne Cup eine ganze Nation zum Stillstand kommt – leider undenkbar in Deutschland. Zudem sind in den letzten Jahren einige gute deutsche Pferde nach Australien gewechselt – Lucas Cranach etwa oder Mawingo, beides Kandidaten für Distanzen über 2000 Meter.
Großartige Sprinter haben sie hingegen in Down under schon immer gehabt. Besonders gerne erinnere ich mich an Choisir, der einst Royal Ascot stürmte und mir zwei lukrative Siegwetten brachte. Aber Black Caviar toppte sie alle: Die Wunderstute, trainiert von Bill Moody in Melbourne, von Pedigree eher unspektakulär – der Vater Bel Espirit in Europa kaum bekannt, die Mutter Helsinge lief überhaupt nicht. Am ehesten noch bekannt in Europa ist Black Caviars Großmutter mütterlicherseits: Desert Sun platzierte sich immerhin in den englischen Craven Stakes (Newmarket) und der Sandown Mile.
Es dauerte etwas, bis Black Caviar ins Rollen kam, zumal sie dreijährig mit einer Verletzung pausieren musste. Erst mit vier Jahren wurde sie richtig gut, das erste Gruppe 1-Rennen gewann sie im November 2010.
Bald hatte sie keine Rivalen mehr auf höchster Ebene, mit jedem Erfolg wuchs ihr Legenden-Status. Der „Stolz Australiens“ distanzierte mühelos die Gegner, es war Zauber pur. Schwer zu beschreiben – einfach das Video genießen.
Zittersieg in Europa
Nur einmal musste ihr Anhang zittern. Es war der 23. Juni 2012, der einzige Start in Europa: Black Caviar, in 21 Rennen vorher ungeschlagen, war die große Favoritin in den Diamond Jubilee Stakes über 1200 Meter in Ascot. Eine Nation blickte auf die Stute: In Melbourne versammelten sich 10 000 Menschen mitten in der Nacht, um Black Caviar gewinnen zu sehen. Eine Niederlage in dieser Gruppe 1-Prüfung gegen einige von Europas Top-Sprintern – undenkbar. In Melbourne waren Plakate mit der Aufschrift „Black Caviar vs. England“ zu sehen, der Start des besten australischen Pferdes sorgte für einen ausverkauften Samstag am letzten Tag des königlichen Festivals.
Doch dann bewahrheitete sich die alte These, dass es keine Unverlierbaren im Turf gibt. Was auch viel mit Jockey Luke Nolen zu tun hatte. Nolen, der die Stute in fast jedem Rennen steuerte, hörte auf einmal auf zu reiten, weil er dachte, er hätte das Rennen schon sicher. Die beiden französischen Gäste Moonlight Cloud und Restiadargent kamen bedrohlich nahe, am Ende aber konnten Nolen und Anhang aufatmen: Black Caviar siegte mit einem Kopf. „Nolen war Sekunden davon entfernt“, schrieb damals der Guardian, „einen der größten unentschuldbaren Jockey-Fehler in der Turf-Geschichte zu begehen".
Es war eher ein Ausrutscher: Zuletzt in Australien triumphierte die Stute wieder dreimal in gewohnter Manier. Natürlich saß Luke Nolen im Sattel.
Manche träumten im letzten Jahr vom Duell mit Frankel, dem europäischen Superstar. Glücklicherweise kam dieser Schwachsinn nicht zustande – Black Caviar ist Sprinter, Frankel liebt Strecken ab der Meile. Vielleicht treffen sich die beiden dennoch irgendwann einmal und produzieren einen Nachkommen. Der dürfte allerdings unbezahlbar sein…