Das Bundesliga-Orakel 15/16: Banale Fragen, kluge Antworten
Lange ist auf diesen Seiten nichts mehr in Sachen Fußball passiert. Keine WM, keine EM, nur als kleines Trostpflaster U 21-EM und Frauen-WM. Doch letztere lief überwiegend nachts und fand damit für den Chronisten nur am Rande statt. Aber jetzt geht es wieder los: Die Sonderhefte sind erschienen, Zweite und Dritte Liga kicken wieder und auch die Bundesliga startet am 14. August. Und dieses Wochenende gibt es als passende Vorspeise die erste Hauptrunde im DFB-Pokal. Die wichtigsten Antworten zur Bundesliga-Saison 2015/2016.

Was erreicht Borussia Dortmund in dieser Saison?
Die wichtigste Antwort sofort: Schlimmer als die Hinrunde 2014/2015, als der BVB auf einem Abstiegsplatz überwinterte, kann es nicht mehr werden. Borussia hat bekanntlich einen neuen Trainer namens Thomas Tuchel, der die Gallionsfigur Jürgen Klopp ablöste. Tuchel bekommt von mir viel Zeit, bis mindestens Weihnachten hat er Schonfrist. Ich bin schon gespannt, was der akribische System-Tüftler aus dem BVB-Team herausholt. Aber die Klopp-Jahre waren besonders in den Jahren 2010 bis 2013 die beste Zeit meines schwarz-gelben Fandaseins, das wird schwer zu toppen sein. Die direkte Champions League-Qualifikation wäre dennoch schön und vielleicht kann der BVB ja die Bayern ein wenig ärgern.

Schafft Hendrik Mkhitaryan endlich den Durchbruch beim BVB?
Ein hochbegabter Mittelfeldspieler, doch im letzten Jahr war der Armenier das Sinnbild der BVB-Krise. Besonders in der Hinrunde schlich er meist mit gesenktem Kopf über den Platz. Nichts gelang, eine unendliche Bürde schien sein Spiel fast zu erdrücken. In der Rückrunde wurde es dann es besser, da zeigte er manchmal, welche großartiges Potenzial in ihm technisch und strategisch steckt. Zum Beispiel nach seiner Einwechslung beim DFB-Pokalhalbfinale in München. Ich habe die Hoffnung noch nicht ganz verloren und prognostiziere Mkhitaryan eine starke Saison, die ihn mindestens in die Internationale Klasse der kicker-Rangliste befördern wird.

Steht Bayern München Ostern schon wieder als Meister fest?
Könnte sein, wäre aber nicht schön. Natürlich haben die Münchner den besten Kader aller Bundesligisten, aber ihre Überlegenheit der letzten drei Jahre hat die Bundesliga nicht gerade attraktiv gemacht. Das Schöne an den Bayern ist zudem das Unruhe-Potenzial im Umfeld. Mein Eindruck ist beispielsweise, dass viele Journalisten nur auf Patzer von Trainer Pep Guardiola warten. Dann wird abgerechnet, dann wird der FC Hollywood wieder seinem Namen gerecht. Ist ja auch ein komischer Typ, der Pep. Gibt keine Einzel-Interviews und hat keine Hofjournalisten, den er etwas exklusiv steckt. Da sind BILD und co. ziemlich nachtragend.

Mario Götze: Wird er bei den Bayern noch glücklich?
Der arme Mario! Die meiste Zeit sitzt er bei den Bayern nur auf der Ersatzbank und dann redet Pep noch nicht mal mit ihm. Wer jetzt meint, ich habe Mitleid mit dem ehemaligen Dortmunder, der liegt falsch. Der Wechsel nach München war doch seine eigene Entscheidung (bzw. die seines Beraters) und so richtig überzeugt hat Götze bei den Bayern auch nicht. Der in Sachen FCB meist gut informierte kicker munkelt von einem „Missverständnis“ (weil Guardiola 2013 lieber
Neymar haben wollte) und schreibt, dass ein Wechsel noch in dieser Transfer-Periode (bis Ende August) „wahrscheinlich scheint“.

Was macht Schalke?
Es herrscht ein wenig Aufbruchstimmung auf Schalke. Im wesentlich verantwortlich dafür ist der neue Trainer Andre Breitenreiter, der vom Abstieger Paderborn kam. Sein Vorgänger Roberto di Matteo war ein Fehlgriff, viel schlimmer als unter dem Italo-Schweizer, der immerhin mal die Champions League gewann, kann es aber auch nicht werden. Dazu scheint sich das Team mit Geis, Di Santo und dem Brasilianer Caicara gut verstärkt zu haben, zudem kommen mit Draxler und Goretzka lange verletzte Spieler zurück. Da juchzt das königsblaue Herz und träumt von neuen Großtaten. Doch die Stimmung kann auf Schalke schnell drehen, dann werden vermeintliche Hoffnungsträger schnell zu Buhmännern. Und die Schlagzeilen der BLÖD-Zeitung werden das Klima weiter aufheizen.

Steigt der HSV diesmal ab?
Liebe Hamburger Fans, zweimal mal am Abgrund 2. Liga gekratzt, zweimal mit viel Glück in der Liga geblieben. Eigentlich müsstet ihr doch längst gegen Heidenheim, Sandhausen oder den Lokalrivalen St. Pauli in der 2. Liga spielen. Viele bekannte Namen wie van der Vaart, Westermann oder Jansen sind nicht mehr da, aber diese Leute standen auch für die sportliche Krise des Dinos. Und jetzt wird alles gut? Mal schauen, ob Trainer Bruno Labbadia noch im Amt ist, wenn der HSV im Oktober am Tabellenende ist. Ob dann die gleiche Prozedur wie in den Vorjahren läuft?. Trainer raus, neuer Trainer rein. Oder ob die Verantwortlichen schlau geworden sind und merken, dass erfolgreiche Vereine viel mit Kontinuität verbindet.

Wie schneiden die Neulinge Ingolstadt und Darmstadt ab?
Beide Aufsteiger haben vieles gemeinsam: großartige Trainer wie Ralph Hasenhüttl (Ingolstadt) und Dirk Schuster (Darmstadt), ein ruhiges Umfeld, Kontinuität und einen starken Mannschaftsgeist. „Der Star war hier die Mannschaft“, um den alten Berti-Vogts-Spruch mal wieder wiederzugeben.
Ihr Erfolg ist auch ein Schlag ins Gesicht mancher Traditionsvereine wie etwa Nürnberg oder München 60. Bei diesen Klubs herrscht immer Theater, ein Ergebnis sind permanente Personalwechsel.
Besonders der Aufstieg der Darmstädter ist ein kleines Fußballwunder: 2013 sportlich schon aus der Dritten Liga abgestiegen und nur durch den Lizenzentzug von Kickers Offenbach die Klasse gehalten, 2014 der Aufstieg in die Zweite Liga und jetzt der Durchmarsch in die Eliteklasse. Das mit einem Team von Unbekannten und anderswo Aussortierten, solche Geschichten liebe ich im Fußball. Der Klassenerhalt wäre das nächste Wunder.
Ingolstadt könnte langfristig ähnlich erfolgreich agieren wie der FC Augsburg. Aber dafür muss erstmal die Liga gehalten werden.