Helden von gestern und morgen
Ein Jockey in Top-Form, ein aufstrebender Trainer, das Comeback eines vierbeinigen Superstars und zwei große Hoffnungen für das Cheltenham Festival – unsere „Helden“ des Januars im englischen National Hunt-Sport.

Sprinter Sacre (Pferd): Zumindest die Wetter vertrauten Sprinter Sacre in bewährter Manier. Auf unter 20 wetteten sie den einstigen Dominator der „Jagdsprinter“ (der Jagdrennen um die Zwei Meilen-Marke) bei seinem Start in Ascot herunter. Dabei war es das Comeback nach schwerer Verletzung, zudem gab es mit Dodging Bullets einen ernstzunehmenden Konkurrenten.
Das Ergebnis war befriedigend: Gegen den fitten und deutlich verbesserten Dodging Bullets hatte der Network-Sohn keine Chance, allerdings schickte ihn Barry Geraghty nur über den Kurs und rührte in der Zielgeraden keinen Finger.
Verständlich nach der langen Pause, denn das Ziel heißt Cheltenham. Die lange Abstinenz merkte man dem Schützling von Trainer Nicky Henderson deutlich an, der einst so ökonomische und flüssig über die Hindernisse gleitende Sprinter sprang teilweise sehr hoch und ein wenig abgehackt. Jedenfalls ging er nicht unter, aber glanzvoll sieht eben anders aus. Nur die Sprinter-Wetter waren sauer. Aber selber schuld, wenn man ein Pferd nach einer langen Verletzungspause zu so einem lausigen Kurs wettet.

Un de Sceaux: (Pferd): Schon über die Hürden gewann Un de Sceaux seine Rennen mit großer Überlegenheit. Doch der Stall von Willie Mullins verfügt bekanntlich über großartiges Potenzial in dieser Kategorie (Hurricane Fly, Faugheen, Annie Power etc.) und ganz in diese Liga passte das Pferd mit dem unaussprechlichen Namen nicht (Rating 161). Da blieb „nur“ ein Grade 2-Triumph im französischen Auteil.
Vielleicht sah man im Mullins-Quartier Un de Sceaux auch eher als zukünftigen Crack für Jagdrennen. Jedenfalls scheint der Frontrenner in diesem Metier bestens aufgehoben. Zwar stürzte er beim ersten Start – weit in Führung liegend – am drittletzten Hindernis, doch das hinterließ keine Spuren. Beim zweiten Start distanzierte er seine Gegner (der Zweite siegte danach hoch überlegen) sehr leicht.
Ende Januar übertraf er diese Leistung in Leopardstown noch, als der Wallach in der Irish Arkle Novice Chase (Gr. 1) die sehr starken Gegner Gilgamboa und Clarcam quasi aus den Schuhen galoppierte. Das war eine Vorstellung, die jeden beeindruckte. Eine Mischung aus Leichtigkeit, Geschick, Tempo und Spaß – so schön können Hindernisrennen sein. Normalerweise wette ich keine Pferde unter 20 am Toto. Besonders nicht beim Cheltenham-Festival, aber wenn, dann wäre Un de Sceaux die berühmte Ausnahme.



Noch mal zum Genießen: Un de Sceauxs Erfolg in Leopardstown gegen Clarcam und Gilgamboa

Many Clouds (Pferd): Es war ein packender Endkampf im Bet Bright Cup in Cheltenham. Die zwei Schimmel Smad Place und Dynaste bedrängten Many Clouds, doch dieser setzte sich mit viel Kampf und Herz durch. Ein schöner Erfolg für Trainer Oliver Sherwood und Jockey Leighton Aspell, die zuletzt nicht immer so im Rampenlicht standen.
Aber mit Many Clouds haben sie einen veritablen Kandidaten für den Cheltenham Gold Cup im März. Der Wallach, der in den bekannten gelb-grünen Farben von Trevor Hemmings läuft, hat sich in dieser Saison weiter verbessert, ist ein sicherer Springer und verfügt über viel Stamina. Das stellte er bereits im November bei seinem Sieg im Hennessy eindrucksvoll unter Beweis.
Allerdings zeigte der Clouding-Sohn seine besten Formen immer auf weichem Boden. Den wird er in Cheltenham im März nicht unbedingt treffen. Also ein Grund zur Vorsicht, auch wenn sein Trainer sagt, dass er auch guten Boden kann.

Harry Fry (Trainer): Auch als Wetter hat man seine Lieblinge – ob Jockey oder Trainer. Weil man ihre Pferde am besten trifft und sie damit schöne Gewinne bescheren. Mein absoluter Favorit bei den Trainern im englischen Hindernissport heißt schon seit einiger Zeit Harry Fry, gefühlte Trefferquote 100 Prozent.
Fry, ein ehemaliger Assistent von Paul Nicholls, begann seine Trainer-Karriere im Oktober 2012 und hatte von Beginn an Erfolg. Die Wetter hatten das schnell mitbekommen, seine Starter stehen häufig sehr tief am Toto. Was nicht verwundert bei solchen Zahlen: In der Saison 2012/2013 gewannen 28 Prozent der Fry-Starter, 2013/2014 sogar 29 Prozent und in dieser Saison immer noch satte 27 Prozent.
Das neue Jahr begann mit erstaunlichen fünf Siegen an den ersten drei Tagen. Nicht nur Stall-Star Rock on Ruby überzeugte, auch Bitofapuzzle und Highland Retreat siegten in besseren Aufgaben. Hinzu kommen einige talentierte Pferde, die einiges für die Zukunft versprechen.

Daryl Jacob (Jockey): Entweder zweiter Mann bei Trainer Paul Nicholls oder Freelancer – vor dieser Entscheidung stand Daryl Jacob im April 2014. Er entschied sich für das Freisein – und lag richtig.
Scheinbar sind Zentnerlasten von seinen Schultern gefallen, denn der Jockey agiert mit so viel Selbstvertrauen wie noch nie. Es ist diese Mischung aus Lockerheit und Zielstrebigkeit, die ihn derzeit beflügelt. Im Dezember konnte der 32jährige mit Reve de Sivola (Trainer Nick Williams) und Bristol De Mai (Trainer Nigel Twiston-Davies) zwei Grade 1-Erfolge feiern. Hinzu kamen schöne Erfolge unter anderem für die Trainer Colin Tizzard und Nicky Henderson.
Im Januar ging es gut weiter. Das letzte Wochenende war ein besonders erfolgreiches: In Sandown gewann Jacob drei Rennen, unter anderem die wichtigste Prüfung des Tages mit Gitane Du Berlais für den irischen Top-Trainer Willie Mullins.
In der letzten Saison hatte ich den Eindruck, dass für Jacob der Druck des Nummer 1-Jockeys bei Top-Trainer Nicholls zu groß war. Zumal sein ehemaliger Patron manchmal wirklich nerven kann – auch sein Nachfolger Sam Twiston-Davies kann davon inzwischen ein Lied singen.