Der lange Weg zu La Roja
Die letzte Weltmeisterschaft in Brasilien war ein dicker Dämpfer für die spanische Nationalmannschaft. Das Aus in der Vorrunde erinnerte an alte Tage – die vor dem EM-Titelgewinn 2008. Jimmy Burns erzählt in „La Roja“ eine Geschichte des spanischen Fußballs. Die letzte Entwicklung fehlt in dem 2013 erschienenen Buch. Doch ansonsten bietet La Roja alles, was den Kick aus dem Land des Stierkampfes in seiner wechselvollen Historie prägte.

Ältere werden sich erinnern: Der spanische Fußball hinterließ jahrelang ratlose Beobachter. Denn die Nationalmannschaft verabschiedete sich vor 2008 spätestens im Viertelfinale einer Welt- und Europameisterschaft. Dabei waren Teams wie Real Madrid oder der FC Barcelona hocherfolgreich in den europäischen Klub-Wettbewerben.
Die Ursachen waren vielschichtig: Das Nationalteam scheiterte an unfähigen Trainern, an Animositäten zwischen Katalanen, Basken oder Kastiliern oder einfach an Pech und Unvermögen. Erst 2008 änderte sich dies bekanntlich, als Spanien Europameister wurde. Es folgten Weltmeisterschaft und noch mal der europäische Titel. Und alle Welt schwärmte vom Tiki Taka, dem spanischen Spielstil.
Es war ein langer Weg zu „La Roja“, übersetzt die Rote und der Kosename des Teams. Die erfolgreiche Nationalmannschaft schweißte nach den Beobachtungen des Autors eine Nation zusammen. Der spanische Bürgerkrieg in den 30er Jahren und die anschließende Franco-Diktatur hatten die Gräben zwischen den einzelnen Volksgruppen verschärft. Katalanen und Basken strebten nach Autonomie. Alles was mit dem zentralistischen Spanien zu tun hatte, hatte einen schweren Stand in diesen Landesteilen.
Burns erzählt die Geschichte des spanischen Fußballs streng chronologisch – von den britischen Anfängen über die Zeit des Bürgerkriegs, der folgenden Rechts-Diktatur, der Demokratie nach dem Tod des Faschisten Franco bis zur heutigen Zeit.

Stärken
Burns ist ein sehr lebhafter Schreiber. Bei manchen seiner Schilderungen fühlt sich der Leser so, als wenn er mittendrin wäre. Besonders stark sind die historischen Teile: die Zeiten des Bürgerkrieg, die spätere Rivalität zwischen dem (angeblichen) Franco-Verein Real Madrid und dem katalanischen Widersacher FC Barcelona. Besonders bei Barca und den Katalanen blüht Burns auf. Kein Wunder, der Mann hat eine immer noch sehr lesenswerte Barca-Biografie verfasst. Aber auch die Kapitel über Real Madrid und den Fußball im Baskenland sind fesselnd und faktenreich.

Schwächen
Eigentlich eher Kleinigkeiten: Die Eitelkeit des Autors nervt etwas, wenn er mal wieder auf ein höchst exklusives Gespräche verweist. Auch finde ich den Teil über Real Madrid in der Ära Butragueno und Michel schwächer, zumal die Beiden Spieler meine Generation waren und ich mich an einige packende Spiele in den 80er Jahren erinnere. Manchmal nervt zudem die Heldenverehrung von Nationaltrainer Vicente Del Bosque. Etwas mehr Distanz wäre da ganz schön.

Urteil
Trotz der kleinen Schwächen ist das ein sehr gutes Werk. Pflichtlektüre für alle, die den spanischen Fußball verstehen wollen.

Jimmy Burns: La Roja. Eine Geschichte des spanischen Fußballs