Montag, 16. November 2015
Die Kraft des Fußballs gegen den Terror
Es fällt derzeit schwer, über Fußball zu schreiben. Die Terror-Anschläge in Paris während des Länderspieles Frankreich gegen Deutschland haben alle geschockt und machen nicht nur mir Angst. Dabei ist das genau das, was diese Terroristen wollen. Darum ist es gut, dass das Länderspiel Deutschland gegen die Niederlande stattfindet. Oder anders gesagt: Ihr könnt uns mal, ihr feigen Verbrecher vom Islamischen Staat.

Eigentlich wollte ich gar nicht gucken am Freitagabend. Freundschaftsspiele der deutschen Nationalmannschaft sind nicht unbedingt mein Ding, weil die sportliche Aussagekraft oft gering ist. Aber so ein Spiel gegen die starken Franzosen ist dann doch mal eine Ausnahme wert.
In den ersten 30 Minuten war es ein selten öder Kick. Beide Mannschaften belauerten sich, Torszenen gab es nicht. Nur zwei laute Knallgeräusche sorgten für Aufmerksamkeit. Da dachte ich schon, es ist was passiert. Es war was passiert und Fußball spielte nur noch eine Nebenrolle. So langsam kamen die Meldungen vom Terror in der französischen Hauptstadt rein, in der zweiten Halbzeit lief zwar der Fernseher, aber der Kolumnist saß vor dem PC und suchte im Netz nach Neuigkeiten.
Es wurde ein bitterer Abend. Mein Mitgefühl gilt allen Opfern der feigen Anschläge und ihren Angehörigen. Diese Kolumne ist bei den Betroffenen.
Nach dem Schock folgte im Laufe des Samstags Wut und Widerstand. Und Fußball kann wirklich ablenken: Am Samstag habe ich ein Playoff-Spiel zur kommenden Fußball-EM in Frankreich geschaut, das skandinavische Duell zwischen Schweden und Dänemark. Es wurde ein Spiel voller Leidenschaft – mit allem, was den Fußball so faszinierend macht. Leidenschaft, Torszenen, zwei toll kämpfende Teams und Zuschauer, die mitleiden und entsprechend Lärm machen. Fair, ohne Hass. Selten hat mich ein Spiel so fasziniert wie das skandinavische Derby – trotz der grandiosen aktuellen Serie von Borussia Dortmund in der Bundesliga.

Ungarn ist dabei
Die Ungarn haben sich auch gefreut an diesem Wochenende. Zum ersten Mal seit 1986 ist das Land wieder dabei bei einem fußballerischen Großereignis wie WM oder EM. Es war eine lange Zeit in der Öde der fußballerischen Bedeutungslosigkeit für ein Land mit einer großen Fußballtradition.
Denn Ungarn ist bekanntlich das Land des einstigen Wunderteams, das 1954 als hoher Favorit im Finale gegen Deutschland unterlag und sich von diesem Schock fußballerisch nie erholte. „Immer wieder Bozsik, der rechte Läufer der Ungarn“, waren die legendären Worte von Reporter Herbert Zimmermann, bevor Rahn dann schießen musste und Deutschland zum Weltmeister machte. Trotzdem: Puskas, Hidegkuti, Czibor, Kocsis oder der spätere Bundesliga-Trainer Lorant waren damals die großen Namen des Fußballs.
Später gab es noch mal gute Leute wie Nyilasi oder Detari, aber der ungarische Fußball endete unter „ferner liefen“. Vereine wie Honved oder Ferencvaros Budapest, die einst einen guten Klang in Europa hatten, wurden international höchstens drittklassig. Jetzt sind die Magyaren wieder dabei bei einem Großereignis. Mit Trainer Bernd Storck, Assistenztrainer Andreas Möller und den ehemaligen Bundesliga-Veteranen Gabor Kiraly und Tamas Hajnal. Die Kraft des Fußballs – auch Terroristen können ihn nicht brechen. Und auch nicht korrupte Verbandsvertreter. Da verzeiht diese Kolumne den Ungarn auch ihren Idioten von Präsident.

Eine gute Überblick über die Ereignisse von Frankreich gibt wie immer bei Fokus Fußball.



Mittwoch, 11. November 2015
steepler.de: Alles über Hindernisrennen
Eine Menge an Informationen zum Thema Hindernissport in Deutschland bietet die neue Internetseite steepler.de. Die Macherinnen Stefanie Ihlenburg und Juana Rabenseifner wollen mit ihrem Angebot auch dafür sorgen, dass der Sport in Deutschland wieder neuen Schwung gewinnt.

Kaum zu glauben: Es gibt gute Nachrichten in Sachen Deutscher Hindernissport. Zum einen sportlich: Kazzio, trainiert von Pavel Vovchenko, siegte Ende September mit Cevin Chan im 76. Gran Premio Meran. Vorher hatte der Königstiger-Sohn bereits einen starken zweiten Platz in der mit rund 100 000 Euro dotierten Grand Steeple Chase des Flandres im belgischen Waregem belegt.
Zum anderen starteten in letzter Zeit einige bemerkenswerte Initiativen, die sich für Hürden- und Jagdrennen in Deutschland einsetzen. Da wäre auf Facebook etwa die Gruppe German National Hurdle. Dort haben sich einige Enthusiasten versammelt, die den Hindernissport in Deutschland wieder nach vorne bringen wollen.
Eine, die auf dieser Seite regelmäßig postet, ist Stefanie Ihlenburg. Und damit schließt sich der Kreis: Denn gemeinsam mit Juana Rabenseifner füllt sie nicht nur eine andere Facebook-Seite namens Zwischen den Flaggen mit Informationen, sondern betreibt auch mit ihrer Kollegin das Internetangebot www.steepler.de.
„Ich hatte immer den Eindruck, dass der Hindernissport auch medial nur eine Randerscheinung in der deutschen Galoppsportwelt ist“, sagt Ihlenburg. Mit steepler.de bieten die zwei Frauen Neues, denn eine ähnliche Seite gab es bislang nicht im Netz. „Wir sind große Hindernisfans und sehr traurig darüber, dass der Sport in Deutschland meist aus dem Programm genommen wurde“, erklärt Rabenseifner.



Geplant ist unter anderem ein Kalender zum Hindernissport. Weitere Infos gibt es hier.

Herzblut
Dabei seien die Voraussetzungen, so Stefanie Ihlenburg, so schlecht nicht: „Es gibt tolle Rennen und Aktive, die wirklich mit Herzblut dabei sind. Der Sport wird auch vom Publikum sehr gut angenommen, aber Informationsquellen zu finden, ist nicht immer leicht.“ Ihlenburg ist Fotografin, arbeitet auch für die Internetseite Anglo German Racing und vermittelt englische und irische Hindernisjockeys nach Deutschland. Durch diese Aktivitäten habe sie einigermaßen den Überblick, „aber vorher habe ich viele Hindernisrennen verpasst, weil ich halt nicht immer brav die Sport Welt gelesen habe und somit einfach nicht wusste, dass sie stattfanden.“
Steepler.de soll gebündelt diese Informationen anbieten. Die Seite enthält schon einen gut gefüllten Nachrichtenteil, Portraits von Hindernispferden, Jockeys und Trainern, dazu kommt ein großer Bereich mit Erklärungen, Rennterminen, Rennbahnen etc.
„Wir hoffen, dass wir so mit unserer Website einen kleinen Beitrag dazu leisten können, dass der Hindernissport in Deutschland wieder in Schwung kommt“, betont Stefanie Ihlenburg. Steepler.de möchte sowohl über aktuelle Ereignisse informieren als auch „Lesestoff wie etwas Interviews oder Reportagen über den Sport“ bieten. Zudem soll es einen Blog von einem Jockey geben, aber das sei, so Ihlenburg, „noch nicht ganz in trockenen Tüchern".
Noch ist es eine schwierige Aufgabe, den Hindernissport in Deutschland wieder populärer zu machen. Man muss nur mal schauen, wie viele Bahnen überhaupt noch Hürden- und Jagdrennen anbieten.
Stefanie Ihlenburg ist da optimistischer: Ein gesundes Fundament sei vorhanden, nur fehle es oft noch etwas an „Selbstvertrauen, Popularität und Präsenz“. Der Kolumnist drückt jedenfalls ihr und ihrer Kollegin die Daumen.



Noch mal zum Genießen: Kazzios Triumph in Meran



Mittwoch, 4. November 2015
Australischer Glamour und Dortmunder Sand
Am Dienstag trafen zwei Turf-Welten aufeinander: Frühmorgens der Melbourne Cup in Flemington/Australien, abends der PMU-Renntag in Dortmund-Wambel. Einerseits das Rennen, bei dem ein ganzer Kontinent stillstehen soll – andererseits neun Prüfungen auf der Sandbahn mit überwiegend Pferden der unteren Leistungsklasse. Aber was sind Millionen mitfiebernde Zuschauer Down under gegen vielleicht 600, 700 Unentwegte in Wambel? Deshalb fängt dieser Text auch erst einmal mit den Lehren des Renntages in Dortmund-Wambel an.

Erstaunliche Quote im ersten Rennen: Da waren offensichtlich die berühmten „Langmacher“ am Werk. Was ist damit auf sich hat, wird hier gut erklärt. Jedenfalls dürfte einige Wetter sich gefreut haben: Los Cerritos, Vega und South Carolina waren die drei meistgewetteten Kandidaten im Preis der Besitzervereinigung und liefen genau in dieser Reihenfolge ein. Am deutschen Toto gab es dafür Platzquoten von 21, 22 und 17, der Drilling (bei dem man nur diese drei Pferde auf dem Schein haben musste) zahlt erstaunliche 420:10. Zum Vergleich: die viel schwierigere Dreierwette Quote 74:10, die PMU-Platzquoten waren 12, 14 und noch mal 14, für den Drilling gab es dort gerade mal 59:10.

Erstaunliche Abstände: Am meisten an den Winterrennen in Dortmund und Neuss nervt mich, dass die Rennen oft früh entschieden sind und nur selten mal Pferde von hinten ins Geschehen eingreifen. So packende Endkämpfe mit drei oder mehr Vollblütern und das Feld knapp dahinter, so etwas gibt es im deutschen Rennwinter leider ganz selten.
So war es auch gestern in Dortmund: Die Abstände waren gewaltig, in der Regel wurde von vorne gewonnen. Manchmal gab es immerhin so etwas wie einen Zweikampf.
„Jetzt kommen die Speedpferde“, rief Bahnsprecher Pan Krischbin beim siebten Rennen ganz aufgeregt. Er muss eine Fata Morgana gehabt haben – Speedpferde auf Sand? Dabei war das Gros der Prüfungen Handicaps und eigentlich müssten die Pferde quasi so einlaufen, dass unter eine „Decke passen“. Ist aber nicht so – nächste Woche laufen wieder die selben Kandidaten, die Abstände sind wieder groß, nur diesmal gewinnt ein anderer.

Persönlicher Frust: Die erfahrene Leserin bzw. der erfahrene Leser wird jetzt vielleicht feststellen, dass der Kolumnist ein wenig frustriert ist. Das ist durchaus richtig, denn wettmäßig stand er sich diesmal selbst im Weg. Zuerst verpasste er die Siegwette auf Nottingham Forest im zweiten Rennen, weil er sich entschied, nicht zu wetten. Es folgte eine Siegwetten-Bilanz des Grauens: Shalin (Re. 3), Sitaro (Re.4), Abstynencja (Re.5), Smart Shuffle (Re. 7), Hippocrene (Re. 8), Fantastic Lips (Re. 9).
Die Krönung war das fünfte Rennen: Eigentlich wollte ich Valeron wetten, änderte aber dann diesen Tipp, weil mir die Startbox außen nicht gefiel. Also tippte ich b>Abstynencja aus der Startbox 1. Dieser verschlief den Start, lag hinter dem Feld und machte zum Schluss noch Boden gut. Aber da war Valeron mit Eddy Pedroza schon längst im Ziel. Pedroza gewann dreimal an diesem Abend, aber ich treffe mit ihm nie. Auch so eine Geschichte.

Schocksieg
Damit wären wir in Australien beim Melbourne Cup. Mit Prince of Penzance siegte ein großer Außenseiter, mit Michelle Payne gewann erstmals eine Reiterin diese Monster-Prüfung. Zweiter wurde Max Dynamite, Nachkomme einer deutschen Stute, aus dem irischen Stall von Willie Mullins und Dritter Criterion, der im Sommer auch in Europa lief. Im Mittelfeld endeten der ex-Schlenderhaner Our Iwanhoe und das Pferd mit meinem Lieblingsnamen Who Shot Thebarman.
Zum Glück ist die Verletzung des großartigen Red Cadeaux nichts Ernstes. Das Bild seines weinenden Jockeys Gerald Mosse machte die Runde. Da befürchteten viele das Schlimmste für diesen eisenharten Globetrotter, der 2014, 2013 und 2011 jeweils Zweiter im Melbourne Cup war.
2011 triumphierte bekanntlich Dunaden in Australien. Und damit haben wir eine Gemeinsamkeit zwischen Flemington und der Dortmunder Sandbahn: Denn der Wallach lief in jungen Jahren zweimal im Wambeler Winter – erfolglos.



Michelle Payne nach ihrem grandiosen Sieg: Sie sei überglücklich und dann folgt deutliche Kritik am Chauvinismus im Männer-Sport Galopprennen. Frauen können es genauso gut, sagt sie.