Donnerstag, 25. September 2014
Die Welt des Felix Magath enthüllt
Das war garantiert keine Werbung für die deutsche Trainergilde: Der englische FC Fulham hat sich von seinem deutschen Trainer Felix Magath getrennt. Von einer „Bilanz des Grauens“ sprach das Fachblatt kicker: 20 Pflichtspiele, vier Siege, zwölf Niederlage und der Abstieg aus der Premiere League. Auch in der Championship wurde es für den Klub nicht besser: Sein neu zusammengestelltes Team holte einen jämmerlichen Punkt aus sieben Spielen.

Wenn jemand Felix Magath erwähnt, dann gehen in Deutschland fast nur doch die Daumen runter. Zu groß war das Chaos, das der einst so elegante Internationale an seinen letzten Stationen in Wolfsburg und Schalke hinterließ. In England wird die Reaktion ähnlich sein. Sein Gastspiel beim FC Fulham endete abrupt – und die Methoden des einstigen Meistertrainers stießen auf deutliches Unverständnis in der englischen Öffentlichkeit.
„Fulham sagt Tschüss zu Magath und der verrückten Welt vom Felix, dem Hirnverbrannten“, titelte der Guardian und der ist kein Boulevardblatt. Die Absonderlichkeiten des Magathschen Regimes in der englischen Hauptstadt – und wenn man dem Autoren so glauben darf, dann ähnelt die Atmosphäre eines von Felix Magath trainierten Clubs dem einer Besserungsanstalt für gefallene Profifußballer. Das kann man hier auch schön beim stern auf Deutsch nachlesen.
Ein Textauszug aus dem Guardian-Text: „….manchmal gab es drei Sessions am Tag, einige waren nur dazu, die Spieler so lange laufen zu lassen, bis sie kurz vorm Umkippen waren. Es war bestrafend und primitiv und langsam, aber sicher, stellten die Fulham-Spieler fest, warum Magath früher den Spitznamen „Saddam“ bei einem seiner früheren Clubs trug."

Vorbilder Zebec und Happel
Das hätten die Verantwortlichen des FC Fulham aber schon früher wissen können, als sie den deutschen Übungsleiter im Februar holten. Jeder soll es erstmal der Assistenztrainer richten.
Beim FC Fulham im Londoner Westen habe ich im Sommer 1997 mein erstes Fußballspiel auf englischem Boden gesehen. Fulham war gerade von der vierten in die dritte englische Profiliga aufgestiegen, Harrod-Boss Mohammed Al-Fayed war der neue Besitzer des Clubs und der Gegner Crystal Palace war neu in der Premiere League. Auch wenn es nur ein Freundschaftsspiel in der Vorbereitung war, agierten beide Teams mit viel Leidenschaft. Die Fans waren nett und freundlich, das Stadion schön idyllisch, nur den Eintrittspreis von 12 Pfund fand ich damals etwas teuer. Jedenfalls verfolge ich den Londoner Club seit dieser Zeit mehr oder weniger intensiv.
Die Entscheidung für Magath war jedoch ein Fehler. Dabei hat der Trainer auch schon großartige Zeiten mit seinen Methoden erlebt. 2010 feierte ihn das Fachblatt 11 Freunde beispielsweise als Trainer des Jahres, nachdem er 2009 mit Wolfsburg Deutscher Meister und ein Jahre später mit Schalke 04 ehrenvoller Zweiter wurde.
„Der Alchemist“, titelte das Blatt und schrieb im Vorspann „Seit Jahren verwandelt Felix Magath mittelmäßige Kader in Spitzenteams.“ Im Text erzählt die einstige HSV-Legende Hermann Rieger, wie Magath unter den Trainern Branko Zebec und Ernst Happel zum Musterprofi reifte. „Er hat diesen ganz bestimmten Ton in der Stimme, bei dem Menschen einfach zuhören“, meint sein langjähriger Weggefährte. Diesen Ton werden die meisten Fulham-Spieler wohl nicht vermissen.



Dienstag, 23. September 2014
Wenn die Bild am Sonntag mal über Turf schreibt
Es ist nicht so, dass die Bild am Sonntag, Deutschlands auflagenstärkste Sonntagszeitung, regelmäßig über Galopprennen berichten würde. Am letzten Wochenende gab es zum Beispiel das St. Leger in Dortmund, immerhin ein „klassisches“ Rennen. Davon stand keine Zeile im Blatt. Selbst das Deutsche Derby in Hamburg, das wichtigste Rennen des Turfkalenders, schaffte es nicht mehr in den fußball-dominierten Sportteil. Früher gab es mal eine manchmal unfreiwillig komische Derby-Vorschau von Klaus Göntzsche, aber diese Zeiten sind längst vorbei.
So ganz richtig ist das jedoch nicht. Am Sonntag hatte die BamS (nicht online) auf Seite 35 einen Text mit der Überschrift „1,6 Mio. Euro-Pferd nach Beinbruch erschossen“ im Heft, dazu zeigte ein Foto, wie ein Mann dem Rennpferd Wigmore Hall eine Pistole an den Kopf hält. Zum Glück relativ unscharf und etwas versteckt im Heft – aber das Bild ist dennoch schockierend genug.
Warum bringt das Blatt so ein Bild? Der übliche Boulevard-Voyeurismus, die übliche Sensationsmache? Bei den sogenannten Randsportarten zählt das sportliche nicht besonders, dann sind andere Dinge entscheidend. Wenn etwa der Trainer mit der Frau des Besitzers schläft oder eben ein Pferd, das erschossen wird. Und natürlich nennt die BamS die Quelle nicht, wo sie die Geschichte her hat.
Es stammt aus einer Bilderserie der englischen Tierschutz-Organisation Animal Aid, die dann am letzten Samstag die englische Boulevardzeitung Daily Mirror groß auf seiner Titelseite brachte. Ein Mitglied der Animal-Aktivisten hatte die Bilder heimlich hinter der aufgespannten Leinwand gemacht und dann – eine Woche nach dem bedauerlichen Vorfall – an den Boulevard verhökert. Und dabei konnten die selbsternannten Tierschützer dann wieder ihre Mär vom angeblichen so gefährlichen Rennsport loswerden, der die Tiere leiden lässt und verboten gehört.

Brutale Wirkung
Im Text lässt dann der Mirror immerhin die Vertreter des Rennsportes ausführlich zu Worte kommen und jeder, der ein wenig lesen kann, wird zu der Erkenntnis kommen, dass Rennpferde im Vergleich zu anderen Tieren wie Hühnern oder Schweinen doch ein komfortables Leben führen. Zumal es manchmal nach Verletzungen wie etwa Beinbrüchen leider keine Rettungsmöglichkeiten mehr für Pferde gibt.
Dennoch sind die Bilder schon von brutaler Wirkung. Und viele Leser, die nichts oder wenig mit dem Rennsport zu tun, gucken nur auf diese Bilder. Dabei ist, wenn man den Experten glauben darf, der Tod mit der Pistole „kurz“ und „schmerzlos“, wobei ich es eigentlich widerlich finde, von „humanen Tötungsmethoden“ zu schreiben.
Was hat also den Mirror also angetrieben, diese Geschichte zu bringen? „Wir wollte eine Debatte entfachen“, sagt der Mirror offiziell. Debatte über was? Über einen bedauernswerten Todesfall oder die angebliche Brutalität im Rennsport? Animal Aid als Tippgeber gilt zudem nicht gerade als glaubwürdig, ich empfehle dazu diesen sehr lesenswerten Text von Greg Wood vom Guardian.
Nun ist der Wettbewerb zwischen den englischen Boulevardblättern immer noch knallhart, beharken sich Sun, Mirror, Star oder Daily Mail gewaltig mit sogenannten Exklusivgeschichten. Alle verlieren sie Auflage, der Mirror ist schon seit Jahren ein Krisengebiet, da ist man nicht besonders zimperlich. Aber welches Hirn ist so krank, dass man denkt, mit einem Pferd, das gerade erschossen wird, mehr Zeitungen zu verkaufen?
Der Mirror bringt übrigens jeden Samstag eine durchaus gut gemachte Rennsportbeilage, in der die großen Buchmacher regelmäßig inserieren. Tipster David Yates ist jemand, den ich schätze, weil er manchmal sehr interessante Tipps gegen die Favoriten hat. Aber von ihm kommt die Geschichte ja auch nicht.
Und natürlich bedauere ich den Tod von Wigmore Hall. Er war ein großartiges Pferd, sportlich sehr erfolgreich und ein wahrer Globetrotter. Aber egal wie gut er war – jedes tote Rennpferd ist eins zu viel.



Donnerstag, 18. September 2014
Kaldera auf den Spuren von Hey Little Görl
Was sind Sea The Moon, Australia oder der Arc schon gegen den 7. Großen Preis von DSW 21, das Deutsche St. Leger? Immerhin ist das auch ein Gruppe 3-Rennen über weite 2800 Meter und eigentlich ein Klassiker, allerdings auch in Deutschland längst für ältere Pferde geöffnet. Zudem findet die Prüfung auf meiner Heimatrennbahn in Dortmund statt. Deshalb hängen viele Erinnerungen an diesem Rennen. Starter und Chancen 2014

1. Macbeth (Trainer Michael Appleby/Jockey Andrew Mullen): Handicapper aus England, auch schon über Hürden unterwegs, die letzten Formen reichen aber nicht aus.

2. Ostinato (Trainer Andreas Löwe/Jockey Daniele Porcu): Seit 2014 im Training bei Andreas Löwe, vorher in Ungarn vorbereitet, deutlich geschlagen beim einzigen Jahresstart im Badener Steher Preis. Auch die Formen aus dem Vorjahr überzeugen nicht unbedingt.

3. Rock of Romance (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Eddie Pedroza): Nur die letzte Form aus Frankfurt war schwach, ansonsten aber ein sehr formbeständiger Steher und in Bestform ein Siegkandidat.

4. Pipita (Trainer Ralf Paulick/Jockey Koen Clijmans): Zuletzt zweifache Ausgleich 3-Gewinnerin in Leipzig und Hoppegarten. Steherdistanzen sind ihr Ding. Auch wenn die Stute noch etwas Reserven haben könnte, der Sprung vom Ausgleich 3 in ein Gruppe 3-Rennen ist doch gewaltig.

5. Special Meaning (Trainer Mark Johnston/Jockey Francis Norton): Listensieger aus England, zuletzt mit ordentlichen Leistungen in guten Handicaps. Einmal Dritter und nur knapp geschlagen über 2800 Meter. Kein Problem mit der Distanz, sehr gefährlicher Kandidat aus dem Stall, der vor drei Jahren mit Fox Hunt triumphierte.



2011 siegte Fox Hunt aus dem großen englischen Stall von Mark Johnston. Folgt ihm 2014 Special Meaning. (Foto: uk)

6. Best Fouad (Trainer Mathieu Le Forestier/Jockey Zoe Pfeil): Wenig geprüfter Dreijähriger aus Frankreich und bislang nur auf schwerem oder weichem Boden am Start. Zuletzt Zweiter in einem Listenrennen in Deauville über 2500 Meter auf schwerem Boden, Platz 3 belegte der Deutsche Karltheodor. Schwer einzuschätzen.

7. Ephraim (Trainer Markus Klug/Jockey Andreas Helfenbein): Dreijährig, kam immerhin als zweiter Favorit im Baden Badener Auktionsrennen an den Ablauf, enttäuschte dort aber als Letzter. Vorher aber mit ordentlichen Formen, auch wenn die siegreichen Pferde wie Ito danach diese Form nicht bestätigten. Muss sich deutlich steigern, Distanz ist noch ein Fragezeichen.

8. Firestorm (Trainer Peter Schiergen/Jockey Adrie de Vries): Der nächste Dreijährige, beste Formen als knapp geschlagener Zweiter zweimal in der Schweiz (unter anderem im Schweizer Derby), noch nie über 2800 Meter gelaufen, andere Kandidaten überzeugen mehr.

9. Kaldera (Trainer Paul Martin Harley/Jockey Eddy Hardouin): Siegerin im Badener Steherpreis, lief dort wie geboren für diese lange Strecke. Auch vorher mit ordentlichen Formen. Eddy Hardouin sitzt wieder im Sattel und mit dem günstigen Gewicht als dreijährige Stute eine Kandidatin für den Sieg.

10. Virginia Sun (Trainer Jens Hirschberger/Jockey Stephen Hellyn): Erst viermal in ihrem Leben gelaufen und davon dreimal gewonnen. Auch zuletzt als Dritte im Badener Stutenpreis überzeugend. Weiteste Distanz bislang 2200 Meter, aber Halbschwester zum guten Steher Valdino und Vater Doyen hatte ebenfalls reichlich Stamina. Sehr gute Chancen.


Urteil
Wie so häufig und wie auch im letzten Jahr gewinnt eine dreijährige Stute. Kaldera lautet der Tipp dieser Kolumne, der meiste Widerstand wird von Virginia Sun, Special Meaning und Rock of Romance kommen.