Dienstag, 12. Mai 2015
Phar Lap: Eine australische Ikone
Teil 2 unserer Serie über große Galopper. Diesmal steht Phar Lap im Blickpunkt – ein Pferd, das zwischen 1929 und 1932 einen ganzen Erdteil elektrisierte und den Sprung in die australische Hall of Fame des Galopprennsports schaffte. Um seinen Tod gab es jahrelang Spekulationen – erst 2010 fanden Forscher heraus, dass Phar Lap an einer Arsenvergiftung starb. Der Text basiert auf einem Artikel von Jutta Lindner, der zuerst in der Facebook-Gruppe Galopp Info veröffentlicht wurde.

Doch immer noch bleiben Fragezeichen um den Tod: Denn nach so vielen Jahren sei nicht mehr festzustellen, ob das Pferd von Neidern vergiftet wurde oder an der Überdosierung eines damals zur Leistungssteigerung verwendeten arsenhaltigen Mittels starb. „Dies wird wohl immer ein Mysterium bleiben“, betonte Ivan M. Kempson, federführender Autor der Studie.
Phar Lap kam 1926 in der Nähe der neuseeländischen Stadt Timaru zur Welt. Sein Vater war der 1919 in England geborene Night Raid. Dieser lief in England und Australien, war aber nicht gerade eine Leuchte auf der Rennbahn. Gerade mal zwei Siege und eine Platzierung bei 25 Starts waren eine eher magere Bilanz.
Dafür war der Radium-Sohn als Deckhengst in Australien umso erfolgreicher. 13 Gruppesieger setzte Night Raid in die Welt. Seine besten Nachkommen waren Nightmarch, ein Gewinner des Melbourne Cups, und eben Phar Lap.
Auch mütterlicherseits war Phar Lap nicht unbedingt ein Blaublut: Entreaty blieb bei ihrem einzigen Start unplatziert. So kostete der Sohn auf der Auktion 1928 gerade mal 160 Guineas. Sein neuer Besitzer hieß David J. Davis, Trainer Harry Telford hatte den in Australien lebenden Geschäftsmann aus den Vereinigten Staaten überzeugt, den Hengst zu kaufen. Er kam zu Telford nach Sydney ins Training.
Dem Vernehmen nach war Davis entsetzt, als er zum ersten Mal „sein Pferd“ in echt sah. Phar Lap war nicht gerade eine Schönheit. So war sein Gesicht beispielsweise mit Warzen überzogen. Davis wollte ihn nicht, Trainer Harry Telford stieg quasi als Mitbesitzer ein. Um damit sich Phar Lap besser auf die Rennen konzentriert, wurde er zum Wallach.
Bei den ersten Starts landete er dann auch im geschlagenen Feld. Erst im fünften Versuch legte er seine Maidenschaft ab und gewann ein RRC Maiden Juvenile Handicap.

Seriensieger
Erst mit zunehmendem Alter und längeren Distanzen wurde der fuchsfarbene Wallach richtig gut. 1929 triumphierte er unter anderem sowohl im Australia Derby als auch im Victoria Derby. Der erste Versuch im Melbourne Cup endete nur drei Tage nach dem Erfolg im Victoria Derby mit einem guten dritten Platz.
Ein Jahr später aber siegte Phar Lap im Melbourne Cup – der Prüfung des fünften Kontinents, bei der Australien einen Moment lang stillsteht. „Die ungewohnte gespannte Stille der Menge während des Rennens und der große Applaus, der ausbrach, als der Favorit mit großer Leichtigkeit davonzog, erzählten von einem Sieg von großer Popularität", berichtete der Sydney Morning Herald damals.
Zwischen 1930 und 1931 siegte das Pferd in 14 Rennen hintereinander. 1930 versuchte jemand, ihn zu erschießen. Vermutlich war es in Buchmacher, der durch ihn viel Geld verloren hatte.
Für sein letztes Rennen wurde er von seinem Eigentümer per Schiff nach Tijuana in Mexiko gebracht, um im Aqua Caliente Handicap zu laufen. Das Rennen am 20. März 1932 bot die höchste Börse, die zu diesem Zeitpunkt jemals in Nordamerika aufgeboten wurde.
Jedoch war Harry Telford mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und weigerte sich, mit nach Mexiko zu reisen. Kurzer Hand beförderte Davis Phar Laps bisherigen Betreuer Tommy Woodcock zum neuen Trainer.
Woodcocks Einstand glückte: Phar Lap gewann mit neuem Streckenrekord, obwohl er 58,5 Kilo tragen musste. Anschließend wurde er zu einer Ranch nach Menlo Park in Kalifornien gebracht. Dort versuchte sein Besitzer, neue Rennen für ihn zu vereinbaren.
Der Schock kam am Morgen des 5. Aprils 1932: An diesem Tag fand Woodcock den Wallach mit erhöhter Temperatur, zudem litt er offensichtlich an großen Schmerzen. Nach wenigen Stunden starb Phar Lap mit sechs Jahren, ein intensives und kurzes Rennpferdeleben fand ein trauriges und frühes Ende.

Herz im Nationalmuseum
In seiner vierjährigen Rennkarriere gewann Phar Lap 37 seiner 51 Rennen. Den dritten Versuch im Melbourne Cup 1931 beendete er als Achter, musste jedoch 68 kg tragen. Leider hatte der Wallache nie die Gelegenheit, gegen das seinerzeit führende US-amerikanische Rennpferd Equipoise, Pferd des Jahres 1932 und 1933, zu laufen.
Als der Nachricht von Phar Laps Tod Australien erreichte, trauerten viele Menschen. Einige Bücher wurden über ihn geschrieben, zuletzt kam 1983/1984 dieser Film über den berühmten Wallach in die Kinos.
Die Rennwelt ehrte Phar Lap mit einem Platz in der australischen Racing Hall of Fame, zusammen mit den Rennpferden Carbine, Tulloch, Bernborough und Kingston Town. In der Rangliste der 100 bedeutendsten Rennpferde des zwanzigsten Jahrhunderts des amerikanischen Blood-Horse-Magazins nimmt er Platz 22 ein.



Phar Lap im Museum von Melbourne (Foto: Ciell/Wikimedia Commons)

In Australien und Neuseeland gilt der Wallach, dessen Rennkarriere so mühselig begann, als nationales Heiligtum. Sein Herz befindet sich im National Museum of Australia, 1978 erschien eine Briefmarke mit seinem Konterfei. Australische Neubürger müssen in einem Einwanderungstest Fragen zu Phar Lap beantworten. Ein Denkmal schmückt seine Geburtsstadt Timure, eine Bronzestatue erfreut die Besucher der Rennbahn Flemington in Melbourne.
Es gab Spekulationen über die Ursache seines Todes, da eine Autopsie zum Vorschein brachte, dass seine Eingeweide entzündet gewesen waren. Viele glaubten, dass das Pferd vergiftet worden sei. Es gab verschiedene Theorien, von Bleivergiftung durch bleihaltige Insektizide bis zu natürlichen Ursachen wie Darmverschlingung.
Diese Fragen wurden nach achtzig Jahre zumindest teilweise beantwortet – siehe Anfang des Textes. Aber vieles bleibt rätselhaft.

Phar Lap bei Wikipedia