Dienstag, 2. Dezember 2014
BVB-Saison 1985/1986: Dem Abgrund ganz nahe
Wer hätte das gedacht? Nach der 0:2-Niederlage bei Eintracht Frankfurt bleibt Borussia Dortmund in dieser Woche auf dem letzten Tabellenplatz der Fußball-Bundesliga. Dabei hatte diese Kolumne doch nach dem 1:0-Erfolg gegen Gladbach die Wende ausgerufen und eine Siegesserie prognostiziert. Alle frommen Wünsche – vergebens.
„Advent, Advent – das Bäumchen brennt“, schrieb das BVB-Fanportal schwatzgelb.de, das Fachblatt kicker titelte „Der Tiefpunkt“ und hatte den Zeitpunkt parat, als es ähnliches schon mal gegeben hatte: Die Saison 1985/1986.
Am Ende dieser Spielzeit zitterte sich Schwarzgelb durch die Relegation gegen Fortuna Köln und hielt die Klasse. Noch heute wissen BVB-Fans, wo sie waren, als Jürgen Wegmann das Tor zum 3:1 markierte, das das dritte Spiel erst ermöglichte: im Stadion, auf der Autobahn irgendwo zwischen Soest und Dortmund (der Autor) usw. Als kleine Mahnung ein Rückblick auf diese Spielzeit des Schreckens.

Vorspiel
Schon 1984/1985 hatte sich die Borussia erst am letzten Spieltag durch ein 2:0 gegen Werder Bremen gerettet. Der Kampf um den Klassenerhalt war für den BVB-Anhang nichts Neues. Auch sonst gaben die Westfalen ein eher chaotisches Bild ab: Trainer kamen und gingen in schnellem Abstand, finanziell durchlief der BVB turbulente Zeiten.
Immerhin gab es damals problemlos Tickets. Selbst Jugendkarten erhielt der Besucher noch eine halbe Stunde vor Spielbeginn ohne lange Wartezeiten. Das Stadion war eigentlich nie ausverkauft, auf der Südtribüne standen die Besucher sehr bequem.
Trikots trugen nur die Hardcore-Fans. Fußball hatte immer noch etwas proletarisches, die Angestellten auf den Sitztribünen zeigten sich deutlich distanzierter und motzten oft ohne Gnade.
Zur neuen Spielzeit kam mit Pal Csernai ein durchaus namhafter Trainer, der bei Bayern München einige Erfolge feiern konnte. Doch ob der Ungar mit dem markanten Seidenschal in die Arbeiterstadt Dortmund passte, da gab es schon früh geteilte Meinungen. Bekanntester Neuzugang war Horst Hrubesch, damals aber schon 34 Jahre und auch verletzungsbedingt im Herbst seiner Karriere. Zuletzt hatte der kantige Mittelstürmer in Belgien bei Standard Lüttich gekickt. Ein weiterer erfahrener Neuer war der stämmige Innenverteidiger Dirk Hupe, der von Arminia Bielefeld kam. Sportliches Ziel: ein Platz im Mittelfeld ohne großes Zittern.

Hinrunde
Schon der Start in die Saison ging deutlich daneben. Nach zwei Unentschieden kassierte Dortmund Niederlage um Niederlage: 0:2 in Köln, 1:4 zuhause gegen einen starken 1.FC Nürnberg, 2:4 in Düsseldorf, zwischendurch ein ödes 0:0 gegen Waldhof und als negative Krönung ein 1:6-Debakel gegen den Revierrivalen VfL Bochum. Erst am 8. Spieltag feierte der BVB den ersten Erfolg mit dem 4:2 gegen Eintracht Frankfurt. Es folgte noch vier weitere Siege und manchmal war sogar ein zartes Pflänzlein an Spielkultur zu bewundern. Zur Halbzeit lagen die Westfalen auf Platz 14 mit fünf Siegen, vier Remis und acht Niederlagen und einen Punkt Vorsprung auf einen Relegationsplatz. Zusätzlicher Tiefpunkt: Das große Revierderby verlor Borussia mit 1:6 auf Schalke.
Zwar lag der Klub nur am 13. Spieltag auf dem letzten Platz, dennoch war es eine enttäuschende Hinrunde. Pal Csernai hatte nicht die Wende gebracht und Horst Hrubesch war wahrlich über seinen Zenit hinaus. Am Ende traf er zweimal bei nur 17 Einsätzen.

Rückrunde
Auch in der Rückrunde verlief weitgehend trostlos. Der BVB bot zwar ein paar Lichtblicke – unter anderem gab es ein 5:1 gegen den 1.FC Köln, im DFB-Pokal war immerhin erst im Halbfinale Schluss. Doch je länger die Saison dauerte, desto schwächer spielten die Schwarz-Gelben und kassierten Niederlagen um Niederlage. Am 19.April verloren die Dortmunder mit 0:4 beim VfB Stuttgart und einen Tag später feuerte der BVB Trainer Pal Csernai. Assistenztrainer Reinhard Saftig sollte es richten und er holte immerhin Sieg und Remis an den letzten beiden Spieltagen. Dennoch reichte es nur zu Platz 16 und damit zu den Relegationsspielen gegen Fortuna Köln, dem Dritten der 2. Liga.



Tränen in den Augen, Hochzeits-Crasher: Wie Norbert Dickel die Relegation erlebte

Relegation
Schlimmer konnte es fast gar nicht mehr kommen: 0:2 verlor die Borussia das erste Relegationspiel bei Fortuna Köln. Der Zweitligist war in allen Belangen bissiger und sah sich schon in der Elite-Klasse. Der 19. Mai 1986 fiel auf den Pfingstmontag und der BVB lag im Rückspiel zur Pause schon mit 0:1 hinten. In der zweiten Halbzeit ging es um alles oder nichts. Dortmund stürmte wie entfesselt, Kölns Keeper Jarecki hielt stark, doch die Tore von Michael Zorc und Marcel Raducanu konnte er auch nicht verhindern. Ein Tor fehlte noch – und dann machte Jürgen Wegmann eines der wichtigsten Tore der Vereinsgeschichte. Und die „Kobra“ weiß Jahre später noch alle Details.
Es kam zum dritten Spiel und das war gegen grippegeschwächte Fortunen nur noch Formsache. Wir kamen pünktlich zur zweiten Halbzeit in Düsseldorf an, nachdem wir wie viele andere Dortmunder im Stau standen. Das 1:0 verpassten wir, doch nach der Pause schoss Borussia noch sieben Tore und rettete die Klasse. Und in der Saison 1986/87 ging es dann mit Trainer Saftig und den Neuzugängen Frank Mill, Norbert Dickel und Thomas Helmer aufwärts auf einen UEFA-Cup-Platz.

Nachspiel
Der BVB 2014 kommt da unten heraus. Natürlich kassiert er derzeit reichlich dilettantische Tore, aber man muss sich beispielsweise nur mal anschauen, welche Zensuren die gegnerischen Torhüter in den letzten Bundesliga-Spielen bekommen haben (Quelle kicker.
• Wiedwald (Frankfurt, Note 1,5, Spieler des Spiels)
• Kruse ( Paderborn, Note 2)
• Sommer (Gladbach, Note 2)
• Neuer (Bayern, Note 3)
• Zieler (Hannover, Note 1,5, sogar Mann des Tages).
Das heißt: Die Torhüter hatten einiges zu halten. Spielt so ein Absteiger?