Freitag, 4. Juli 2014
Wild Chief die Alternative zu Sea The Moon
Das Echo in den sozialen Netzwerken war gewaltig. Viele Facebook-Nutzer kritisierten die Entscheidung heftig: Andreas Helfenbein wird am Sonntag im Deutschen Derby in Hamburg-Horn nicht im Sattel des Favoriten Sea The Moon sitzen und durch den belgischen Spitzenjockey Christophe Soumillon ersetzt
„Noch nicht richtig fit nach seinem Sturz in Frankfurt“, argumentierte das Gestüt Görlsdorf, die Besitzer des Hengstes. Das Ganze entwickelte sich zu einem solchen Sturm, dass die Verantwortlichen und auch Jockey Helfenbein selbst eine Erklärung nachlieferten. Danach waren die Wogen wieder etwas geglättet.
Natürlich bestimmen die Besitzer den Jockey ihres Pferdes, denn sie zahlen ja auch die Rechnungen. Dennoch ist es für Andreas Helfenbein bitter: Der Routinier steuerte den etwas schwierigen Sea The Moon bei seinen drei Starts und gewann alle Rennen. Helfenbein hat bislang eine ganz hervorragende Saison, nach meiner ganz unmaßgeblichen Meinung reitet er derzeit so gut wie noch nie. Die 20 Starter in der Analyse, dazu empfehle ich auch noch einen etwas älteren Text unserer Kolumne.




2011 hieß der Sieger im Deutschen Derby Waldpark und im Sattel saß Jozef Bojko, einer dieser ewig unterschätzten und manchmal geringschätzten in Deutschland tätigen Jockeys.

1. Lucky Lion (Trainer Andreas Löwe/Jockey Ioritz Mendizabal): Das bislang beste Pferd des Jahrganges, jedoch auf Distanzen bis 1700 Meter. Großartige Vorstellung im Mehl-Mülhens-Rennen über 1600 Meter. Kernfrage ist allerdings, ob der Löwe-Schützling das Stehvermögen für 2400 Meter hat. Von der Abstammung her eher nicht…

2. Sea The Moon (Trainer Markus Klug/Jockey Christophe Soumillon): Hochveranlagter, aber immer noch etwas unreifer Hengst. Der Sieger in der Union, wo er auf der Zielgerade noch ausbrach. Noch ungeschlagen, gewann eigentlich immer relativ mühelos. Ganz klar der zu schlagende Kandidat, auch wenn Frontrenner im Derby meist schlecht aussehen. Aber in diesem Rennen ist eigentlich immer genug Tempo, da muss er nicht an der Spitze gehen.

3. Magic Artist (Trainer Wolfgang Figge/Jockey David Probert): Überraschte nicht nur mich, als er in sehr gutem Stil im Münchner Bavarian Classic triumphierte. Das war die bislang beste Form des schon als Zweijährigen sehr fleißigen Hengstes aus dem Stall Salzburg. Nach dem Eindruck aus München könnte er das Stehvermögen für 2400 Meter haben, von der Abstammung ist das nicht sicher. Immerhin gewann die Schwester Magic Art (von Nayef) das österreichische Derby.

4. Wild Chief (Trainer Jens Hirschberger/Jockey Fabian Lefebvre): Ein ganz starke Leistung als Vierter im französischem Derby, wo er noch nicht einmal den besten Rennverlauf hatte. In Chantilly ging er als 730:10-Schuss ab, in Hamburg wird er um einiges tiefer stehen. Wenn er die Distanz kann (davon gehe ich aus), ein interessanter Kandidat, der lange noch nicht alles gezeigt hat.

5. Geoffrey Chaucer (Trainer Aidan O’Brien/Jockey Ryan Moore): Einer der seltenen Starter von Aidan O’Brien in Deutschland. Im Vorfeld des Epsom Derbys hoch gehandelt, dort enttäuschte er aber gewaltig. Und auch der dritte Platz aus dem Derrinstown Stud Trial, bei dem er als Dritter ein sehr schlechtes Rennen hatte, wurde bislang nicht bestätigt.

6. Swacadelic (Trainer Jean-Pierre Carvalho/Jockey Filip Minarik): Das einzig verbliebene Pferd aus dem Quartier von Trainer Carvalho. Talentierter Hengst, der mit der Derbydistanz keine Probleme haben sollte. Zuletzt Dritter in der Union, aber eine Formumkehr gegen Sea The Mooon ist schwer vorstellbar.

7. Born to Run (Trainer Roland Dzubasz/Jockey Martin Dywer): Der Winterfavorit, zuletzt Vierter im Bavarian Classic. Da sah er zeitweise auf der Gegengerade ganz gut aus, aber letztendlich deutlich geschlagen. Außenseiter. Die Schwester Barcelona gewann ein Gruppe 2-Rennen über Hürden.

8. Speedy Approach (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Eduardo Pedroza): Wohl die Number 1 aus dem Wöhler-Quartier. Der Trainer, heißt es auf der vorzüglichen Homepage des Stalles, habe „richtig Mumm auf ihn.“ Zweiter in der Bavarian Classic, muss sich aber weiter steigern. Ob er der große Steher ist, steht zudem noch ein wenig in den Sternen.

9. Pinzolo (Trainer Charlie Appleby/Jockey William Buick): Nachgenannter Monsun-Sohn aus dem großen Godolphin-Quartier. Im englischen Derby als 14. weit abgehängt, davon triumphierte er in einem Listenrennen über 2000 Meter. Diese Formen reichen aber nicht aus.

10. Madurai (Trainer Waldemar Hickst/Jockey Alexander Pietsch): Ein sehr guter Zweijähriger, gehörte dort zur Spitze des Jahrgangs. Nahm die leichtere Route, zuletzt deutlicher Sieger in der Maidenklasse. Noch ein wenig dunkles Pferd, Stehvermögen sollte da sein. Für Freunde des gepflegten Außenseiters.

11. Weltmacht (Trainer Markus Klug/Jockey Tom Queally): Unser Tipp im Vorfeld und auch jetzt hat diese Kolumne immer noch eine gute Meinung zu der Stute. Zwar unterlag sie in einem Gruppe 2-Rennen in Hoppegarten, aber ihre Bezwingerin Longina ist ein richtig gutes Pferd. Die 2400 Meter in Hamburg sollten Weltmacht zudem entgegenkommen.

12. Chartbreaker (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Cristian Demuro): Als Vierter deutlich geschlagen in der Union und auch im Derby Trial in Hannover als Dritter letztendlich chancenlos. Schwer vorstellbar.

13. Giant’s Cauldron (Trainer Peter Schiergen/Jockey Adrie de Vries): Noch sieglos, wobei die schlechte Form aus der Union zu streichen ist, weil er dort durch die Turbulenzen aus dem Rhythmus kam. Beste Form als Zweiter im Iffezheimer Derby Trial, der Sieger Sirius bestätigte diese Form im Idee-Hansa-Preis. Dennoch muss sich Giant’s Cauldron gewaltig steigern, wenn er im Derby vorne sein will.

14. Amazonit (Trainer Jens Hirschberger/Jockey Harry Bentley): Sieger des Bremer Derby Trials. Es dauerte etwas, bis er in Schwung kam, letztlich gewann er aber sicher. Was die Form wert ist, ist schwer einzuschätzen. Schlug bei seinem Maidensieg gute Pferde, ehe er dann in Iffezheim schwach lief. Sollte noch Reserven haben, aber dennoch schwer vorstellbar.

15. Karltheodor (Trainer Roland Dzubasz/Jockey Martin Lane): Bekam erste Grenzen als Fünfter im Frankfurter Metzler-Preis gezeigt. Wäre schon eine gewaltige Überraschung.

16. Open your Heart (Trainer Roland Dzubasz/Jockey Mirco Demuro): Erst zwei Lebensstarts, in der Union noch überfordert. Das Derby könnte ihn auch überfordern.

17. Russian Bolero (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Jozef Bojko): noch sieglos, Platz 2 im Bremer Derby Trial, aber ein Erfolg in Hamburg wäre eine Überraschung.

18. Baltic Storm (Trainer John David Hillis/Jockey Frederik Tylicki): Ebenfalls noch sieglos und auch erst zwei Starts im Leben. Platz 3 im Bremer Derby Trial war eine solide Leistung, dennoch schwer vorstellbar.

19. Eric (Trainer Christian Freiherr von der Recke/Jockey Stephen Hellyn): Gewann zweijährig das hochdotierte Iffezheimer Ferdinand Leisten-Memorial, qualifizierte sich als Vierter im Iffezheimer Trial für das Derby. Aber dort war Eric schon deutlich geschlagen. Großer Außenseiter.

20. Amorous Adventure (Trainer Karl Demme/Jockey Maxim Pecheur): Mit sieben Starts einer der Teilnehmer mit der meisten Erfahrung, rückte als Vierter im Bremer Derby Trial ins Starterfeld, aber nach allen Formen wäre es ein kleines Erdbeben, wenn Amorous Adventure am Sonntag triumphieren würde.

Urteil
20 Pferde sorgen für ein volles Derby-Feld, aber viele Starter haben zumindest auf dem Papier kaum Chancen. Sea The Moon wird wahrscheinlich gewinnen, aber 23 oder 24 sind keine Quoten, die ich attraktiv finde. Zumal es Alternativen gibt: Wild Chief überzeugte als Vierter im französischen Derby, nach dieser Form müsste er hier eine gute Rolle spielen. Einen kleinen Hinweis verdient zumindest die einzige Stute Weltmacht. Bei Lucky Lion habe ich Bedenken wegen der Distanz, an die beiden nachgenannten Ausländer glaube ich nicht.